Gabriele Beger: Betriebs- und Rechtsformen (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 3.7)
Sparzwänge der
Kommunen, der Wunsch nach größerer Flexibilität oder die mögliche Beteiligung
Dritter an der Unterhaltung einer Bibliothek oder Informationseinrichtung sind
häufige Gründe für die Beschäftigung mit einer neuen Betriebs- bzw. Rechtsform.
Beispiele und Vorbilder gibt es inzwischen viele. Bereits 1991 hat der Städtetag
eine Empfehlung zum Rechtsträgerwechsel herausgegeben. Die darin enthaltenen Aussagen
haben zu großen Teilen noch heute Bestand. Die meisten Beschäftigten im öffentlichen
Dienst stehen dieser Entwicklung aber eher skeptisch gegenüber, dabei ist der
Wechsel in die richtige Betriebsform eine Chance.
Dieses Kapitel soll wichtige Hinweise geben, die bei einer Überführung in
eine neue Betriebs- bzw. Rechtsform zu beachten sind. Betriebsformen gibt es viele.
Nicht alle sind aber geeignet, um einen Bibliotheksbetrieb oder eine
Dokumentationseinrichtung zu führen. Eine Reihe fallen von vorn heraus aus, wie die
Körperschaft des öffentlichen Rechts oder die privatrechtliche
Kommanditgesellschaft. In erstgenannter befindet sich die Kommune selbst und die
Kommanditgesellschaft ist eine reine Handelsorganisation. Dennoch stehen eine
Vielzahl von Betriebsformen des öffentlichen und des privaten Rechts zur
Auswahl.
Weiterführende Literatur
Gabriele Beger: Weiterführende Literatur (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 3.7.0)
Beger, Gabriele: Kooperation – Fusion – Zentralisierung.
Rechtsformwechsel als Problemlösung. In: Beiträge zur bibliothekarischen
Weiterbildung: Wie viele Bibliotheken brauchen wir …? Hrsg. von Dr. Rolf Busch.
Bad Honnef: Bock und Herchen, 2004
Beger, Gabriele: Bibliothek als Stiftung. Vor- und Nachteile dieser
Rechtsform In: Zukunft der Bibliothek – Bibliothek der Zukunft . Dokumentation
der Fachtagung der Freien Universität Berlin und der ÖTV Berlin am 21. Nov.
2000. Hrsg. von Rolf Busch und Ver.di – Berlin: 2001 S. 97–105
Beger, Gabriele: Rechts- und Betriebsformen für öffentliche
Bibliotheken. Berlin 1995
Moeske, Ulrich: Öffentliche Bibliotheken und die Veränderung von
Verwaltungsstrukturen in Kommunen. – In: Bibliotheksdienst 38 /2004) H. 12,
S. 1591
Mögliche Betriebsformen
Gabriele Beger: Mögliche Betriebsformen (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 3.7.1)
Mögliche Betriebsformen des Öffentlichen Rechts:
- –
Anstalt des öffentlichen Rechts
- –
Stiftung des öffentlichen Rechts
- –
Eigenbetrieb
- –
Eigengesellschaft
Mögliche Betriebsformen des privaten Rechts:
- –
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
- –
Aktiengesellschaft
- –
Stiftung des bürgerlichen Rechts
- –
Rechtsfähiger Verein
In der Rechtsform der unselbständigen Anstalt des öffentlichen Rechts
befinden sich die meisten Bibliotheks- und Informationseinrichtungen. Sie
besitzen keine eigene Rechtsperson, sondern sind eine Einrichtung ihres
Rechtsträgers, meist der Kommune, des Landes, der Hochschule. Sie handelt nicht
im eigenen Namen, sondern im Auftrag ihres Trägers und erhalten von diesem eine
jährliche Zuwendung nach Maßgabe des Haushaltes. Im laufenden Haushaltsjahr
besteht stets ein Eingriffsrecht des Trägers in den Haushalt mittels
Haushaltssperren. Auch die Beschäftigten sind unmittelbare Angestellte, Arbeiter
oder Beamte des Trägers.
Bei einer eigenen Rechtsperson sieht dies anders aus. Sie handeln
rechtlich im eigenen Namen. Zur Errichtung der eigenen Betriebs- und Rechtsform
bedarf es eines Gesetzes oder eines Verwaltungsaktes. Stets erhält die
eigenständige Rechtsperson eine Satzung, in der ihre Aufgaben aber auch die
Zuwendung bzw. der Zuschuss rechtsverbindlich geregelt werden. Dies gilt sowohl
für die öffentlich-rechtlichen, wie privaten Formen. Je mehr Aufmerksamkeit und
Rechtskenntnis bei der Errichtung einer eigenen Rechtsform vorliegt, um so mehr
gewinnt der neue Betrieb an Flexibilität und Selbständigkeit. Um die richtige
Betriebsform zu finden und keine Versäumnisse bei der Errichtung zu begehen,
sind im Vorfeld folgende Fragen zu beantworten:
- –
Warum wird eine neue Betriebsform gesucht?
- –
Gibt es potenzielle Beteiligungen anderer Betriebe oder
der
- –
Privatwirtschaft?
- –
Erfolgte eine ausreichende Information bei bereits in
neue
- –
Trägerschaft überführte Betriebe?
- –
Welches Personal wird benötigt, um selbst Arbeitgeber zu
- –
sein und die Bewirtschaftung allein leisten zu können?
- –
Welche haushaltsrelevanten Positionen sind im
Bibliothekshaushalt
- –
enthalten und welche werden bislang vom Träger in
- –
seinem Haushalt geführt?
Die erste Frage zielt darauf zu erfahren, ob agiert oder reagiert
wird. Aufgrund der leeren öffentlichen Kassen und der Tatsache, dass die
Unterhaltung von Bibliotheken und Informationseinrichtungen keine Pflichtaufgabe
darstellt, suchen viele Kommunen nach Sparmodellen. Meistens entscheiden sie
sich völlig überstürzt im Zuge der Haushaltsdebatten. Man kann sich des
Verdachts nicht entziehen, dass es dabei Modeströmungen gibt. Mal ist es der
Verein und dann wieder der Eigenbetrieb, in dem alle artverwandten
Kultureinrichtungen, vom Heimatmuseum über die Bibliothek bis zur Musikschule
unter einem neuen Dach arbeiten sollen. Die Verträge, selbstverständlich
kündbar, sehen dann eine jährliche Zuwendung, bemessen an dem bislang der
Bibliothek zur Verfügung gestellten Etat und nach Maßgabe des kommunalen
Haushalts vor. Den Satzungen fehlt es sehr häufig an korrekten Regelungen zum
Zweck, zur Gemeinnützigkeit und zum Besitzstand der Beschäftigten, um nur einige
gravierende Fallen zu benennen. Wollen Träger und Betrieb gemeinsam eine neue
Rechtsform finden, dann sind die o.g. Fragen hilfreich.
Handelt es sich um eine kleine kommunale Einrichtung, ist das Modell
der GmbH z.B. mit ekz-Gesellschafter-Beteiligung ein geeignetes, um eine
Bibliothek attraktiv bei konstanter kommunaler Zuwendung zu gestalten, weil
durch die Beteiligung Ressourcen Dritter genutzt werden können. Sollen
mehrere kommunale Kultureinrichtungen zusammengefasst werden, so ist der
Eigenbetrieb, der Zweckverband, der eingetragene Verein oder die Stiftung zu
favorisieren. Ist finanzielles Bürgerengagement zu erwarten, so wäre auch eine
Aktiengesellschaft möglich. Soweit keine private Beteiligung zu erwarten ist,
sollte die Rechtsform der Stiftung des öffentlichen Rechts besonders erwogen
werden. Sie bietet durch ihren rechtsverbindlichen und gemeinnützigen Zweck für
den Betrieb einer Kultureinrichtung eine adäquate Rechtsform. Grundsätzlich gilt
es aber zu beachten, dass öffentlich-rechtliche Betriebsformen die Beteiligung
Privater – ausgenommen als Spender und Sponsoren – nicht zulassen. So gilt als
goldene Regel: Sollen privatrechtliche Dritte sich am Betrieb beteiligen, muss
zwingend eine private Rechtsform gegründet werden.
„Drum prüfe wer sich ewig bindet“, so lautet ein altes Sprichwort.
Dies sollte auch für die Wahl einer neuen Trägerschaft oder einer eigenen
Rechtsform gelten. Bevor nicht Einigkeit über den Inhalt der notwendigen
Verträge und der Satzung erzielt wurde, sollte der Schritt in eine neue
Betriebsform nicht vollzogen werden. Fast jede Einrichtung, die diesen Schritt
bereits gegangen ist, kann berichten, was vergessen wurde, nur unter größten
Schwierigkeiten oder überhaupt nicht mehr zu korrigieren war, aber auch, dass
sie den Schritt in die Selbstständigkeit nie bereut haben. Folgende Bibliotheken
können Auskunft geben:
- –
Zentral- und Landesbibliothek Berlin, Stiftung des
öffentlichen Rechts
- –
Stadt- und Landesbibliothek Dortmund, im Eigenbetrieb
- –
Stadtbibliothek Frankfurt/ Oder, im Eigenbetrieb
- –
Stadtbibliothek Cottbus, im Eigenbetrieb
- –
Stadtbibliothek Siegburg, GmbH (mit 40 %
Gesellschaftsanteilen ekz GmbH ./. 60 % Stadt)
- –
Die Deutsche Bibliothek, rechtsfähige Anstalt des
öffentlichen Rechts
- –
Stadtbibliothek Gütersloh, GmbH (mit 49 %
Gesellschaftsanteilen Bertelsmann AG ./. 51 % Stadt)
- –
Hamburger Bücherhallen, Stiftung des bürgerlichen Rechts
- –
Stadtbibliothek Beeskow, im e.Verein
- –
Stadtbibliothek Fürstenwalde Spree, gGmbH
Rechtsträgerwechsel
Gabriele Beger: Rechtsträgerwechsel (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 3.7.2)
Jeder Bibliothekar wünscht sich
ein Höchstmaß an Flexibilität, kürzeren Entscheidungswegen und
Eigenverantwortung bei der Verwendung von Mitteln. Dies kann durch einen
Rechtsformwechsel erreicht werden, wenn in den Gründungsdokumenten der
Bibliothek diese Selbständigkeit zugeschrieben wird. Jede Kommune wünscht sich
schlanke und effizient arbeitende Verwaltungen. Budgetierung und
Kostenleistungsrechnung sind Instrumente, die Behörden und ihre
Dienstleistungseinrichtungen zu einer mehr wirtschaftlichen und effektiven
Tätigkeit zu veranlassen. Die Ausgliederung der Dienstleistungseinrichtungen
sind daher ein logischer Schritt. Um jedoch als Dienstleistungseinrichtung
tatsächlich wirtschaftlicher und effektiver arbeiten zu können, bedarf es der
richtigen Rechtsform. Deshalb sind nur Rechtsformen, die der originären
Aufgabenstellung und dem Umfeld entsprechen, erfolgsversprechend.
Die GmbH wird oft nur aufgrund ihrer privaten Rechtsform mit
kaufmännischer Buchführung erwogen, dabei ist sie insbesondere dann zu
empfehlen, wenn eine Beteiligung der Privatwirtschaft integriert werden muss,
oder sich unterschiedliche Träger an einem Betrieb beteiligen wollen. Der
Eigenbetrieb hingegen ist eine sehr geeignete Rechtsform, wenn mehrere
nachgeordnete Einrichtungen einer Kommune in einer Betriebsform unter Wahrung
ihrer Unterschiedlichkeiten in Werkteilen, vereint werden sollen. Die Stiftung
des öffentlichen Rechts kann ebenfalls über die eigene Kommune hinaus mehrere
Einrichtungen aufnehmen und zu einer eigenen neuen Einrichtung werden lassen.
Sie ist darüber hinaus nur durch Gesetz zu errichten, so dass ihre
Zweckbestimmung, ihre Finanzierung und Arbeitsweise nur durch eine
Gesetzesänderung novelliert werden kann, was ihr ein hohes Maß an
Rechtssicherheit verleiht. Allen Rechtsformen ist gemein, dass sie der
Bibliothek kurze Entscheidungswege und einen effektiven Umgang mit Ressourcen
ermöglichen, wenn in der Satzung, den Verträgen oder Errichtungsgesetzen dies
entsprechend ausgestaltet wird. Auf diese Dokumente ist besonderes Augenmerk zu
legen und zwar bevor sie in Kraft treten. In die Vorbereitung eines
Rechtsformwechsels ist deshalb alle Kraft und Einflussnahme zu legen.
Checkliste Vorbereitung
- 1.
Motive und Erwartungen des Rechtsformwechsels in der
Kommune detailliert erfragen.
- 2.
Eigene Erwartungen formulieren und inhaltliches Konzept
erarbeiten
- 3.
Kontakt aufnehmen zu bereits betroffenen Bibliotheken in
der beabsichtigten Rechtsform sowie zur Gewerkschaft und zur
Rechtskommission des DBV
- 4.
Bibliothekspersonal und Personalrat informieren.
- 5.
Wirtschaftsplan und Eröffnungsbilanz erstellen
- 6.
Arbeitsverhältnis des Bibliotheksleiters klären,
insbesondere, wenn dieser Geschäftsführer einer GmbH oder eines
Vereins werden soll.
- 7.
Finanzamt mit Entwurf einer Satzung, eines
Gesellschaftsvertrags oder Stiftungsgesetzes konsultieren. Dabei
auch vortragen, welche Tätigkeiten zur Einnahmenerzielung
beabsichtigt sind.
- 8.
Mitwirkung an allen Belangen des Rechtsformwechsels nie
abreißen lassen!
Neue Aufgaben
Gabriele Beger: Neue Aufgaben (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 3.7.3)
Zu
oft wird verkannt, was eine eigene Rechtsperson an neuen Aufgaben mit sich
bringt, die vorher der Träger wahrgenommen hat. Dazu zählt die Personal- und
Haushaltshoheit sowie die Bewirtschaftung. Erhält die Bibliothek oder
Informationseinrichtung eine eigene Rechtsfähigkeit, so ist sie Arbeitgeber. Das
heißt, die Personalangelegenheiten und Personalwirtschaft obliegen ihr selbst.
Sie hat nicht nur einen Haushalt bzw. Wirtschaftsplan aufzustellen, sie hat ihn
auch so auszuführen, dass jährlich ein unabhängiger Rechnungsprüfer oder der
Rechnungshof keine Beanstandungen vorbringen kann. Die Leitung, nunmehr
Betriebsleitung oder Geschäftsführung, haftet nicht nur für die Richtigkeit und
Sachlichkeit der Einnahmen und Ausgaben, sondern auch für ein etwaiges Minus in
der Kasse. Die Kommune ist nicht mehr verpflichtet einen Mehrbedarf
auszugleichen, soweit sie sich nicht vertraglich dazu verpflichtet hat.
Bewirtschaftung bedeutet nicht allein, Reinigungsfirmen zu überwachen, sondern
Strom, Wasser, Gas, Straßenreinigung, Müllabfuhr, Gebäudeversicherungen und
Baumaßnahmen zu beauftragen, zu kontrollieren und zu vergüten. Ohne geschultes
Personal lässt sich dies nicht bewerkstelligen, insbesondere auch dann, wenn
künftig die kaufmännische Buchführung in Anwendung kommt. Outsourcing heißt oft
das Wundermittel, das aber kostet Geld und im Haushalt der Bibliothek Eingang
finden muss. Empfehlenswert ist auch, zu prüfen, inwieweit einzelne Leistungen
(z.B. Zahlbarmachung der Bezüge) von der kommunalen Verwaltung weiterhin
erbracht werden können. Dies allerdings erfordert dann eine Kostenerstattung, so
dass im Vorfeld auch diese Kosten in den Wirtschaftsplan einzustellen sind.
Wirtschaftsplan und Gesellschaftszweck
Gabriele Beger: Wirtschaftsplan und Gesellschaftszweck (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 3.7.4)
Das Thema Geld sollte für jeden, der
eine eigenständige Rechtsform wählt, im Mittelpunkt der Beratungen stehen. Die
vormals unselbstständigen Einrichtungen kosten mehr, als in ihrem Haushalt
ausgewiesen wird. Neben dem Erwerbungsetat und dem Gehältern und Löhne sind
zahlreiche weitere Ausgaben notwendig. Der erste eigene Haushalts- bzw.
Wirtschaftsplan muss unbedingt vor der Errichtung der neuen Betriebsform stehen.
Ist die jährliche Zuwendung erst einmal in der Satzung festgeschrieben, gibt es
keine Deckung mehr für die vielen Positionen, wie Versicherungen,
Bewirtschaftungskosten, Tariferhöhungen u.v.m., die im kommunalen Haushalt
verankert waren. Auch können nunmehr Mieten fällig werden. Leistungen, die die
Kommune weiterhin wahrnimmt, wie z.B. Zahlbarmachung der Gehälter, Fahrdienste,
Gebäudewirtschaft), werden kostenpflichtig. Dies alles muss vorher ermittelt
werden. Dazu muss der bisherige Träger alle Leistungen, Verträge und
Verbindlichkeiten offen legen. Dabei sollte auch ein Vorurteil widerlegt werden:
Nur weil nunmehr die realen Ausgaben im Haushalt der Bibliothek verankert sind,
ist die Bibliothek nicht teurer für die Kommune geworden!
Das Vermögen
Gabriele Beger: Das Vermögen (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 3.7.5)
Mit dem Wechsel des Trägers sollte auch das
Vermögen auf den neuen Träger übergehen. Näheres wird in der Satzung, dem
Überleitungsvertrag oder im Gesetz geregelt. Um das Vermögen festsetzen zu
können, muss alles begutachtet, geschätzt und dann in ein Vermögensverzeichnis
aufgenommen werden Dazu zählt nicht nur die Immobilie (soweit diese übergehen
soll), sondern auch die Bestände, die Ausstattung, die Geräte etc. Dies kann nur
ein Fachmann zuverlässig bescheinigen. Eigenschätzungen sollten möglichst
unterbleiben. Die Versicherungen geben hier Empfehlungen. Der Wert der
Medienbestände kann hingegen selbst ermittelt werden. Dabei ist der Bestand mit
dem Durchschnittspreis (Buch und Buchhandel in Zahlen, Hrsg. vom Börsenverein)
zu multiplizieren. Wobei dieser beim Verbrauchsbestand nur aus dem Durchschnitt
der letzen 5 Jahre ermittelt werden sollte. Sondersammlungen und wertvolle
Medien sind mit dem tatsächlichen Wert anzugeben. Der Eigentumsübergang einer
Immobilie bedarf regelmäßig der Eintragung ins Grundbuch.
Betrieb gewerblicher Art
Gabriele Beger: Betrieb gewerblicher Art (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 3.7.6)
Mit der Errichtung einer eigenen Rechtsperson ist auch sehr
häufig der Wunsch verbunden, mehr Einnahmen zu erzielen. Viele Aktivitäten sind
hier denkbar, vom Buchverkauf bis hin zur Cafeteria.
Wenn mit diesen Tätigkeiten ein Betrieb gewerblicher Art begründet
wird, ist die steuerrechtliche Veranlagung zu prüfen. Liegt ein Betrieb
gewerblicher Art vor, sollte ein gesonderter Wirtschaftsplan dafür aufgestellt
werden. Ein Betrieb gewerblicher Art liegt bei jeder Tätigkeit, die nicht nur
vorübergehend ausgeübt wird und die nachhaltig auf die Erzielung von Gewinn
gerichtet ist, vor. Gebühren und Entgelte, die für die Benutzung oder das
Tätigwerden der Bibliothek erhoben werden und die Kostendeckungsgrenze nicht
überschreiten erfüllen diesen Tatbestand nicht. Ein Betrieb gewerblicher Art
kann die Gemeinnützigkeit gefährden. Dies gilt nicht, wenn die Tätigkeit
satzungskonform ist. Steuerberater und Finanzamt leisten hier professionelle
Beratung.
Der Gesellschaftszweck
Gabriele Beger: Der Gesellschaftszweck (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 3.7.7)
Ebenso wichtig ist die Definition
des Zwecks des neuen Betriebes. Ob Stiftungs-, Vereins- oder Gesellschaftszweck,
allen ist gemein, dass sie über die Verwendung der Zuwendung bzw. des Zuschusses
und die Gemeinnützigkeit entscheiden. Zweck und Verwendung der Mittel stehen in
einem unmittelbaren Zusammenhang. Die zur Verfügung gestellten
Zuwendungen/Zuschüsse dürfen nur zur Erfüllung des Zwecks verwandt werden.
Deshalb ist der Zweck sehr zukunftsorientiert und nicht zu eng zu beschreiben.
Als Muster kann der Stiftungszweck der Zentral- und Landesbibliothek
Berlin hier empfohlen
werden:
Stiftungszweck
(1) Die Stiftung hat als Landes- und Universalbibliothek die Aufgabe,
ihre Sammlungen zu bewahren, zu pflegen und zu ergänzen und unter Beachtung der
Tradition den Sachzusammenhang ihrer Sammlungen zu erhalten und der
Öffentlichkeit zugänglich zu machen sowie Neuentwicklungen zu verfolgen und
aufzunehmen. Sie gewährleistet die benutzerorientierte Literatur- und
Informationsversorgung insbesondere in Wissenschaft und Bildung und wirkt auch
als überregionales Medien- und Informationszentrum.
(2) Die Stiftung hat insbesondere die Aufgabe,
zentrale Dienstleistungen für das öffentliche
Bibliothekswesen in Berlin zu erbringen,
Literatur über und aus Berlin zu sammeln und zu erschließen
und
zum literarisch-kulturellen Leben der Region beizutragen.
Näheres regelt die Satzung.
(3) Die Stiftung verfolgt ausschließlich und unmittelbar
gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der
Abgabenordnung.
Das Personal
Gabriele Beger: Das Personal (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 3.7.8)
Die
Überführung in eine neue Betriebs- bzw. Rechtsform ist nach § 613a BGB ein
Betriebsübergang. Danach bestehen die vorhandenen Arbeits- und
Angestelltenverhältnisse inhaltsgleich für die Dauer eines Jahres fort. Wenn
darüber hinaus die Beschäftigungsverhältnisse Bestand haben sollen, so ist dies
in der Satzung explizit zu erwähnen. Sollte eine privatrechtliche Betriebsform
(Stiftung des bürgerlichen Rechts, Verein, GmbH) gewählt werden, so können
Beamte in dieser nur mittels sogenanntem Leihverhältnis tätig werden. Sie
bleiben unmittelbare Beamte des Bundes, der Länder oder der Gemeinden und werden
an den Betrieb verliehen. Auch bei einer öffentlich-rechtlichen Betriebsform
muss die Dienstherreneigenschaft dieser Bibliothek ausdrücklich übertragen
werden, damit die Beamten unmittelbare Beamte der nunmehr juristisch
selbständigen Bibliothek werden können.
Bei der Überführung einer Bibliothek in eine neue Rechtsform ist der
Personalrat zu beteiligen. Dabei steht ihm ein Mitwirkungsrecht bei der
Auflösung ( § 78 Abs1
Ziff 2 BPersVG) und ein Mitbestimmungsrecht bei den damit verbundenen
personellen Maßnahmen ( § 75 BPersBG)
zu. Die Beschäftigten können dem Betriebsübergang innerhalb einer
Ausschlussfrist von einem Monat widersprechen. Sie verbleiben dann beim
bisherigen Arbeitgeber, wobei ihnen dann nicht mehr die alte Arbeitsaufgabe
angeboten werden muss. Wird eine privatrechtliche Betriebsform gewählt, so ist
die Anwendung des BAT/BAT-O bzw. im Bereich der Kommunen der TVöD in der Satzung
ebenfalls ausdrücklich zu vereinbaren. Da sich eine analoge Anwendung des BAT
nicht zwangsläufig auf alle Bestimmungen beziehen muss, ist in der Satzung
konkret zu bezeichnen, in welchem Umfang der BAT/BAT-O bzw. im Bereich der
Kommunen der TVöD Geltung erhalten soll. Beschäftigte, die zur Zeit des
Betriebsübergangs bereits Anwartschaften, wie Dienstzugehörigkeit erworben
haben, sollten durch Vereinbarung des Besitzstandes in der Satzung abgesichert
werden. Hier wird folgende Formulierung aus dem Stiftungsgesetz Zentral- und
Landesbibliothek Berlin empfohlen:
Personal
(1) Die bei der Stiftung tätigen Beamtinnen und Beamte sind
unmittelbare Beamtinnen und Beamte des Landes Berlin. Dienstbehörde ist die für
die Angelegenheiten der Bibliotheken zuständige Senatsverwaltung.
(2) Ab dem Errichtungszeitpunkt gemäß § 1 Abs. 1 gehen die Arbeits-
und Ausbildungsverhältnisse der bisher bei der „Amerika-Gedenkbibliothek“ und
der „Berliner Stadtbibliothek“ tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie
Auszubildenden vom Land Berlin mit allen Rechten und Pflichten auf die Stiftung
über. Die Stiftung wendet auf ihr Personal die für die Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer des Landes Berlin geltenen Tarifverträge und Bestimmungen an. Die
bei der Stiftung verbrachten Beschäftigungszeiten und die davor liegenden, vom
Land Berlin entsprechend den tariflichen Vorschriften angerechneten
Beschäftigungszeiten der von der Stiftung übernommenen Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer werden bei einem späteren unmittelbaren Wechsel zum Land Berlin von
diesem als Beschäftigungszeit nach § 19 BAT/BAT-O oder § 6 BMT-G/BMG-G-O angerechnet, sofern das
Arbeitsverhältnis zur Stiftung auf eigenen Wunsch oder unverschuldet beendet
wurde.
(3) Die Stiftung wird die Mitgliedschaft bei den Arbeitgeberverbänden
des öffentlichen Dienstes in Berlin beantragen.
(4) Die Stiftung wird die Beteiligung bei der Versorgungsanstalt des
Bundes und der Länder (VBL) beantragen und die dort versicherten
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Maßgabe der zu schließenden
Beteiligungsvereinbarung im Rahmen der Satzungsvorschriften der VBL
weiterversichern.
Ein eigenständiger Betrieb sollte den Arbeitgeberverbänden des
öffentlichen Dienstes und der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL)
beitreten. Erstgenannter Beitritt bietet auch für die neue Betriebsleitung eine
kompetente Beratungsund Weiterbildungsmöglichkeit sowie eine Mitbestimmung bei
tarifrechtlichen Fragen.
Der Personalrat ist nach dem Personalvertretungsgesetz neu zu wählen,
bei einer privatrechtlichen Betriebsform ein Betriebsrat, wenn die notwendige
Anzahl von Beschäftigten erreicht wird. Der alte Personalrat bleibt über den
gesamten Zeitraum des Rechtsformwechsels im Amt. Nach Errichtung der neuen
Rechtform erfolgen Neuwahlen, so dass das Personal zu keiner Zeit ohne
Personalvertretung ist.
Abschließend noch eine Bemerkung zum Leitungspersonal. GmbH und
Verein müssen einen Geschäftsführer bestellen. In der Regel wird dem bisherigen
Leiter der Bibliothek diese Funktion übertragen. Geschäftsführer aber können von
der Gesellschafter- und Mitgliederversammlung jederzeit abberufen werden. So ist
der parallele Abschluss eines Arbeitsvertrags als Bibliotheksleiter dringend
erforderlich.
Checkliste für die Errichtung
Gabriele Beger: Checkliste für die Errichtung (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 3.7.9)
- –
Sichtung vorhandener Satzungen und Informationsgespräche
mit Betrieben, die in eine andere Rechtsform überführt wurden.
- –
Formulierung der Satzung insbesondere des Zwecks, der
Aufgaben und der Finanzierung.
- –
Vorstellung der Satzung beim zuständigen Finanzamt für
Körperschaftssteuer insbesondere zur Prüfung der
steuerbegünstigenden Gemeinnützigkeit.
- –
Ermittlung, was die Einrichtung tatsächlich kostet.
- –
Aufstellung des ersten Haushalts- bzw.
Wirtschaftsplans
- –
Vereinbarung über eine/n progressive/n
Zuwendung/Zuschuss, der/die Tariferhöhungen und Preissteigerungen
einschließt. , zumindest eine 5 Jahresgarantie enthält.
- –
Vereinbarung über den Besitzstand für das zur Zeit des
Betriebsübgangs beschäftigten Personals einschließlich der
Auszubildenden.
- –
Vereinbarung über analoge Anwendung des BAT/BAT-O und
BMT-G bzw. TVöD.
- –
Vereinbarung des Rückkehrrechts des Personals unter
Anrechnung der Dienstzugehörigkeit in die Kommune, insbesondere wenn
Betrieb aufgelöst wird oder Personal abgebaut werden muss.
Checkliste zum Erhalt einer hohen Selbständigkeit
- –
Zuständigkeiten und Befugnisse der Bibliotheksleitung in
der Satzung, Errichtungsgesetz o.ä. aufnehmen.
- –
Arbeitgeber- und Dienstherrenfähigkeit auf die Leitung
übertragen.
- –
Deckungsfähigkeit aller Haushaltstitel vereinbaren
- –
Zuständigkeiten der Aufsichtsgremien (Stiftungsrat,
Vollversammlung bei Gesellschaften) klar definieren und auf
Angelegenheiten von grundsätzlicher oder besonderer Bedeutung
beschränken