Jens Lazarus: Bibliotheksportrait: RDA-Einführung an der UB Leipzig (Teil 2) (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2015, Abschn. 2.3)
RDA-Einführung an der UB Leipzig
Jens Lazarus: RDA-Einführung an der UB Leipzig (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2015, Abschn. 2.3.1)
Kommunikation, Entscheidungslinien
Jens Lazarus: Kommunikation, Entscheidungslinien (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2015, Abschn. 2.3.1.4)
Ein neues Regelwerk wirkt sich direkt auf den Katalogisierungsalltag aus; es bedeutet grundsätzliche Veränderungen der Arbeitsbasis, was auch zu Vorbehalten oder Widerständen führt. Die Entscheidung für den Umstieg wird auf überregionaler Ebene getroffen. Das reduziert zwar das Konfliktpotential innerhalb der UB Leipzig, führt aber dennoch nicht automatisch zu einer Akzeptanz von RDA. Die Notwendigkeit eines Regelwerkumstieges wird im Kontext der alltäglichen Praxis nicht als zwingend notwendig empfunden. Umso wichtiger ist es, für so ein relativ aufwendiges Projekt zu werben, Inhalte und Zielstellungen deutlich zu kommunizieren.
In der UB Leipzig gab es bereits 2010 eine erste Veranstaltung zu dem noch in der Entwicklung befindlichen Regelwerks. In kürzer werdender Frequenz werden seit dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter informiert. Das erfolgt im Rahmen einer regelmäßigen Veranstaltungsreihe der UB Leipzig, in der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu spezifischen Themen berichten sowie über interne Blogbeiträge. Informations- und Schulungsmaterialien zum Thema RDA werden im Intranet der UB Leipzig in einem Verzeichnis abgelegt und stehen allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung.
In den Dienstberatungen der Direktion wird in größeren Abständen zu den Entwicklungsschritten von RDA berichtet.
Grundsatzentscheidungen zu Anwendungsregeln
Trotz überregionaler und verbundseitiger Festlegung zur Anwendung des neuen Regelwerkes, gibt es für jede Einrichtung Spielräume bei der Umsetzung von RDA. Um hier innerhalb der UB Leipzig einheitlich vorzugehen, wird von der Projektgruppe RDA im Rahmen mit der inhaltlichen Beschäftigung mit RDA eine Entscheidungstabelle geführt, in der verschiedene Anwendungsfälle gelistet sind.
Diese Entscheidungstabelle wird mit der verantwortlichen Bereichsleitung abgestimmt und zur finalen Bestätigung in der Dienstberatung des Direktors vorgestellt. Aus ihr resultieren verbindliche Erfassungsregeln für die UB Leipzig. Es werden praktische Anwendungsfragen geregelt, wie zum Beispiel die Aufnahme von Hochschulschriften (soll die Universität als gradverleihende Institution erfasst werden oder nicht?).
Eine grundsätzliche Entscheidung betrifft die Übertragung von RAK-Aufnahmen nach RDA. Hier hat sich die UB Leipzig in einer Aufwandsabschätzung entschieden, vorhandene RAK-Katalogisate in entsprechender Qualität unverändert zu übernehmen. In der Praxis zieht das die Anwendung von zwei Regelwerken nach sich: für Neuaufnahmen gilt die Erfassung nach RDA, bei Datenübernahmen bleibt ein vorhandenes RAK-Katalogisat unverändert bestehen.
Schulungen, Schulungsunterlagen, Zielgruppen
Jens Lazarus: Schulungen, Schulungsunterlagen, Zielgruppen (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2015, Abschn. 2.3.1.5)
Rahmenbedingungen
Neben dem Zeitplan mit den entsprechenden Arbeitspaketen wird durch den Inhalt und die normierende Struktur der Schulungsunterlagen der Handlungsrahmen für den Umstieg auf RDA vorgegeben. Das Schulungskonzept und die Schulungsunterlagen werden auf überregionaler Ebene von der Themengruppe Schulungen, beauftragt von der AG RDA, erarbeitet und stehen ab Januar 2015 modulweise zur Verfügung.
Schulungskonzept der AG RDA
Das Schulungskonzept ist modular aufgebaut und definiert für die sechs Module fünf unterschiedliche Zielgruppen.
Module
Modul 1 |
Grundlagen der RDA |
Modul 2 |
Basiswissen Katalogisierung (Theorie) |
Modul 3 |
Basiswissen Katalogisierung: Monografien und fortlaufende Ressourcen (Praxis) |
Modul 4 |
Normdaten |
Modul 5A |
Aufbauwissen Katalogisierung: Monografien |
Modul 5B |
Aufbauwissen Katalogisierung: Fortlaufende Ressourcen |
Modul 6 |
Spezialschulungen |
Zielgruppen
Personen, die einfache Katalogisate erstellen, Fremddatennutzer
Personen, die schwierige Katalogisate erstellen
Personen, die spezielle Ressourcen erschließen (z. B. Karten, Musikalien)
Personen mit passiven Regelwerkskenntnissen (z. B. Benutzung, Fachreferate, Erwerbung, Systemverantwortliche)
Personen, die nur Normdaten erfassen und korrigieren
Die Schulungsunterlagen werden in der ersten Stufe zunächst formatneutral erstellt und müssen in der Folge aber an das Anwenderformat des jeweiligen Bibliotheksverbundes angepasst werden.
Schulungen, Schulungsunterlagen, Zielgruppen an der UB Leipzig
Kern und Voraussetzung der Regelwerkumstellung ist die Vermittlung neuer Regelwerkskenntnisse. Methodisch und inhaltlich wird die UB Leipzig im Rahmen des Bibliotheksverbundes durch das BSZ angeleitet, welches inhaltlich wiederum dem Schulungskonzept der überregionalen AG-RDA folgt. Die Vermittlung von Regelwerkskenntnissen im SWB erfolgt nach dem „Schneeballprizip“:
Schulungsplanung BSZ
Initialschulung: BSZ schult die Mitglieder der Schulungs-AG
Multiplikatoren-Schulung: Mitglieder der Schulungs-AG schulen Multiplikatoren vor Ort
Mitarbeiterschulung: Multiplikatoren schulen „Töchter“-Bibliotheken
Im Schulungskonzept des BSZ sind die Schulungen methodisch als Vortragsveranstaltungen (Präsenzblöcke) mit ergänzendem Selbststudium und Übungsphasen vorgesehen. Der kalkulierte Zeitumfang beträgt für die Basisschulung (Modul 1, 2, 3) und für die Aufbauschulung (Modul 4, 5A) jeweils fünf, also insgesamt 10 Tage.
Für die UB Leipzig werden diese Vorgaben für Schulungen und die Schulungsunterlagen spezifisch angepasst und auf für die tägliche Praxis relevante Fälle reduziert; Arbeitshilfen und Beispielsammlungen werden erarbeitet. Ein ergänzendes Selbststudium oder nachgeführte selbständige Übungsphasen sind optional; praktisch wird diese Art der Aneignung nur im konkreten Anwendungsfall eine Rolle spielen.
Die Schulungsunterlagen werden stark komprimiert und etwa auf die Hälfte des ursprünglichen Umfanges verkürzt. Ergänzt werden eigene Beispiele und im Kontext der UB Leipzig notwendige Erläuterungen. Die Anpassung der Schulungsunterlagen ist aufwendig, hat aber den Nebeneffekt, dass die inhaltliche Beschäftigung mit RDA durch die Projektgruppe sehr intensiv ist und eine stabile Regelwerkskompetenz aufgebaut wird.
Auch methodisch wird ein etwas veränderter Ansatz gewählt, um die Vermittlung auf das für die Praxis notwendige Maß zu beschränken. Für die Einführung und die Grundlagen von RDA wird eine Vortragsveranstaltung konzipiert, die an drei Terminen für alle an der Katalogisierung beteiligten Kolleginnen und Kollegen angeboten wird.
Modul 1 und 2 (Grundlagen)
Inhalt: Einführung und Grundlagen / Basiswissen Katalogisierung (Theorie)
Format: Einführungsvortrag
Zielgruppe: alle Kolleginnen und Kollegen, die aktiv im SWB oder in der ZDB katalogisieren, Bibliothekarinnen und Bibliotheksassistentinnen
Umfang je Mitarbeiterin und Mitarbeiter: eine Vortragsveranstaltung mit Pause (3 Stunden)
Auf diese erste Veranstaltung bauen Seminarveranstaltungen auf, die eine aktive Beteiligung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ermöglichen. Die Gruppenkurse starten mit etwa 20 Personen, wobei Bibliotheksassistenten lediglich an den ersten beiden Tagen für das Modul 3 am Kurs teilnehmen. Die folgenden Module 4 und 5A werden mit einer reduzierten Gruppengröße für Bibliothekarinnen und Bibliothekare geschult.
Modul 3, 4, 5A (Aufbau)
Inhalt: Basiswissen Katalogisierung (Praxis, Übung), Normdaten, Aufbauwissen Katalogisierung
Format: Seminarveranstaltung, maximale Teilnehmerzahl 20
Zielgruppe: alle Kolleginnen und Kollegen, die im SWB arbeiten, Bibliothekarinnen und Bibliothekare (für Modul 3, 4, 5A) und Bibliotheksassistentinnen und -assistenten (für Modul 3)
Umfang je Mitarbeiterin und Mitarbeiter: zwei Tage (mittlerer Dienst) bzw. vier Tage (gehobener Dienst) zu je 5 Stunden
Die Schulungen werden im Tandem von je zwei Mitgliedern der lokalen Projektgruppe durchgeführt.
Werkzeuge
Für die Vorbereitung und Durchführung der Schulungen und in den Nachbereitungen in der Katalogisierungspraxis stehen eine Reihe von Informationsplattformen und Werkzeuge zur Verfügung, die den Umstieg auf RDA begleiten und erleichtern. An der UB Leipzig kommen im Wesentlichen die folgenden zur Anwendung:
für die UB Leipzig modifizierte Schulungsunterlagen und Anwendungsregeln (intern zum Download)
RDA E-Learning Plattform des SWB
RDA-Informations-Wiki der Deutschen Nationalbibliothek (DNB)
RDA Toolkit (lizenzpflichtig, lizenziert über ein Konsortium)
Räume, Präsentationssoftware und -technik
Der Wechsel auf das Regelwerk RDA wird an der UB Leipzig mit hoher Priorität versehen. Das äußert sich in der Bildung einer RDA Projektgruppe und der Schaffung der erforderlichen Arbeitsbedingungen: so steht eine Arbeitszone mit vier Computerarbeitsplätzen zur Verfügung, die eine vergleichende Bearbeitung spezifischer Fragen ermöglicht.
Frühzeitig werden zudem Schulungs- und Seminarräume mit Schulungs-PCs für RDA-Schulungen reserviert. IT-seitig wird abgesichert, dass die relevante Software auf dem aktuellen Stand ist – das betrifft zum Beispiel den Katalogisierungsclient WinIBW, aber auch die eingesetzte Präsentationssoftware (Microsoft PowerPoint).
Die Mitarbeiterinnen der Projektgruppe werden in der Anwendung von Präsentationssoftware geschult, um hier die notwendige Sicherheit zu erreichen. Für die entsprechende Präsentationstechnik standen im Vorfeld Mitarbeiter zur Unterstützung bereit.
Technische Implikationen
Jens Lazarus: Technische Implikationen (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2015, Abschn. 2.3.1.6)
Der Umstieg auf ein neues Regelwerk zieht Veränderungen auf der technischen Ebene nach sich. Von Seiten des Verbundes wird eine neue Version der WinIBW (3.7.) zur Verfügung gestellt, die in Funktionen und Datenmasken des Katalogisierungsmenüs auf die RDA-Konventionen umgestellt sind. Für die UB Leipzig wird hier die Möglichkeiten der WinIBW genutzt und zum Beispiel für das Pica-Feld 1131 (Art des Inhalts) eine über die verpflichtende Eingabe hinausgehende Tabelle mit insgesamt 30 Begriffen hinterlegt, die in der Katalogisierungspraxis häufiger genutzt werden (Einblattdrucke, Karten, etc.).
In der UB Leipzig sind auf systemtechnischer Seite die folgenden Anpassungen notwendig:
MAB Format
Das Lokalsystem der UB Leipzig (LIBERO) nutzt Daten im MAB-Format. Hier war es notwendig, neue RDA-Felder im Parameterset des Lokalsystems anzulegen, um die verbundseitige Dateneinspielung als auch die RDA-Sicht innerhalb des Systems zu realisieren (Download aus dem SWB, abspeichern und indexieren im Lokalsystem).
MARC Format
Das von der UB Leipzig eingesetzte Discovery System finc, dass auf dem Open Source System VuFind basiert, nutzt das MARC-Format. Die für RDA notwendigen Felder sind bereits seit mehreren Jahren im MARC-Standard berücksichtigt; diese werden durch den Umstieg im deutschsprachigen Raum nun RDA-gerecht bedient. Im Discovery System finc müssen diese neu belegten Felder sowohl für die Indexierung als auch für die Frontend-Sicht nachgeführt werden. Hier wird sich zunächst auf einen Kernbestand an praktisch relevanten RDA-Feldern verständigt. Generell wird bei der Anpassung der Anzeige von einer längeren Übergangszeit ausgegangen, bis im Datenbestand (und den neuen Feldbelegungen) eine kritische Masse an RDA-Katalogisaten erreicht wird und entsprechend genutzt werden kann.
Um hier die Entwicklung im Hause, auf überregionaler und auf Verbundebene im Blick zu behalten, wurden regelmäßige Treffen zwischen Systembibliothekaren und Katalogisierungsspezialisten vereinbart. Zudem werden bei der Katalogisierung stichprobenartig die Kataloganzeige von Katalogisaten mit neuer Feldbelegung geprüft und erforderliche Veränderungen gegebenenfalls an die systembibliothekarische Arbeitsgruppe gemeldet.
Nachbereitung, Ausblick
Jens Lazarus: Nachbereitung, Ausblick (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2015, Abschn. 2.3.1.7)
Die Umstellung auf ein neues Regelwerk ist ein Prozess, der über die unmittelbare Implementierung hinausgeht. Die Kompetenzvermittlung durch die Schulungen ist ein initialer Schritt. Diese muss in der Folge begleitet und verstetigt werden. An der UB Leipzig wird die Projektgruppe RDA die Funktion eines Experten-Teams einnehmen und Ansprechpartner sein für praktische Regelwerksfragen.
Die verbindlichen Erfassungsrichtlinien für die UB Leipzig werden durch Rückmeldungen aus der Katalogisierungspraxis im Verhältnis von Katalogisierungsaufwand und Erschließungsrelevanz evaluiert und gegebenenfalls angepasst.
Zudem ist RDA kein abgeschlossenes System. Die Weiterentwicklung der RDA erfolgt laufend über ein festgelegtes Revisionsverfahren. Die Projektarbeitsgruppe wird diese Entwicklungen verfolgen und relevante Änderungen oder Ergänzungen mit Blick auf die UB Leipzig diskutieren und Entscheidungsvorlagen erarbeiten.
Eine besondere Herausforderung ist der Umstand, dass in den Katalogen künftig Daten geführt werden, die sowohl nach RAK als auch nach RDA erfasst sind. Die maschinelle Anpassung der RAK-Daten an den RDA-Standard scheint möglich, wird aber realistischer Weise nur schrittweise und über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgen. Diese Entwicklungen müssen ebenfalls verfolgt und für die UB Leipzig begleitet werden. Zielstellung der UB Leipzig ist es, diesen Prozess aktiv zu unterstützen und zu begleiten.