Ulrike Verch: Jugendschutz: Jugendgefährdende Internetangebote (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 10.6.6)
Onlineangebote in Bibliotheken unterliegen den Regelungen des
Jugendmedienschutzstaatsvertrages (JMStV) und werden dort ebenso wie
Rundfunkangebote als Telemedien bezeichnet. Dem JMStV liegt ein dreistufiges
Schutzsystem zugrunde:
Schutzsystem bei jugendgefährdenden Onlinemedien |
absolut
unzulässige Angebote |
§ 4
Abs. 1 JMStV |
Verbreitung generell verboten, auch kein Zugang für
Erwachsene |
beschränkt unzulässige Angebote |
§ 4
Abs. 2 JMStV |
Zugang
nur für Erwachsene erlaubt (geschlossene Benutzergruppe),
Internetangebot bedarf eines Altersverifikationssystems |
entwicklungsbeeinträchtigende Angebote |
§ 5
JMStV |
Minderjährigen muss der Zugang erschwert werden, so dass sie
die Inhalte üblicherweise nicht wahrnehmen |
Da Bibliotheken nicht Gefahr laufen, jugendgefährdende Inhalte als
eigene anzubieten, sondern über ihre Internetarbeitsplätze nur Zugang zu fremden
Inhalten vermitteln, unterliegen sie gem. § 8 Telemediengesetz (TMG) keiner
strafrechtlichen Haftung. Gleichwohl ist unter Bibliotheksjuristen die
Meinung vorherrschend, dass öffentliche Bibliotheken aktive Maßnahmen zur
Sperrung jugendgefährdender Medieninhalte ergreifen sollten. Zum einen nehmen sie eine besondere öffentliche
Verantwortung im Bereich der Medienerziehung und Medienkompetenz gerade
gegenüber Kindern und Jugendlichen wahr, so dass ihnen eine spezielle
Aufsichtspflicht zukommt. Zum anderen ist die Rechtslage bezüglich der
Störerhaftung von Access-Providern im Bereich des Jugendmedienschutzes durch die
Rechtsprechung nicht eindeutig geklärt, so dass offensive Jugendschutzmaßnahmen
Bibliotheken eine verlässliche Rechtsposition bieten.
Um den Zugang zu jugendgefährdenden Internetangeboten zu unterbinden,
gibt es mehrere Möglichkeiten, die sich auch miteinander kombinieren lassen.
Allerdings ist ein lückenloser Schutz nicht zu gewährleisten, da gefährliche
Inhalte auch über eigentlich unbedenkliche Plattformen wie You Tube oder über
Suchmaschinen, Blogs oder Diskussionsforen verbreitet werden können.
Schutzmaßnahmen gegen jugendgefährdende Internetangebote
- –
Internetarbeitsplätze in Sichtweite des
Aufsichtspersonals
- –
regelmäßige Stichproben und Kontrollen
- –
Zugang über persönliches Passwort
- –
Verbot in Benutzungsordnung, bestimmte Inhalte und Seiten
aufzurufen
- –
Informations-, Schulungs- und Beratungsangebote
- –
spezielle Internetarbeitsplätze für Minderjährige mit
kindgerechten Bookmarks u.ä.
- –
Installation von Filtersoftware
Bei der Nutzung von Filtersoftware kommen drei unterschiedliche
Systeme zum Einsatz, die sich auch untereinander kombinieren lassen: 1. das
Keyword-Blocking, das auf Listen mit unerwünschte Begriffen beruht; 2. das
Site-Blocking, das konkrete Internetseiten mit jugendgefährdenden Inhalten
blockiert und 3. das Page-Labeling, ein Schutzsystem bei dem der Nutzer
individuelle Filtereinstellungen vornehmen kann. In jedem Fall sollte
das Jugendschutzprogramm gem. § 11 JMStV durch die KJM anerkannt sein. Eine
optimale Filtersoftware zu finden ist jedoch schwierig. So könnten
Online-Recherchen zu „Brustkrebs“ aufgrund zu strenger Filtervorgaben zur
Abweisung von Anfragen führen. Im Juli 2009 gab der Beauftragte der
Bundesregierung für Kultur und Medien Bernd Neumann die Auffassung der
Kommission für Jugendmedienschutz wieder, dass bislang keines der staatlich
getesteten Jugendschutzprogramme eine „akzeptable Wirksamkeit“ entfaltet
habe. Aufgrund dieser unzulänglichen Filterung
sollten Bibliotheken gerade im Hochschulbereich für Erwachsene auch stets
ungefilterte Internetzugänge anbieten. Wenn dennoch
Probleme mit illegalen Internetseiten auftreten, sind individuelle Sperren
denkbar. Außerdem besteht die Möglichkeit, sich bei entsprechend unzulässigen
Angeboten an die Beschwerdestelle der Freiwillige Selbstkontrolle
Multimedia-Diensteanbieter e.V. (FSM) zu wenden, die dann ggf. rechtliche
Schritte gegen den Content-Provider einleitet.
Stand: 09/2009
Quelle: Verlag Dashöfer GmbH