Peter Lohnert: Kostenrechnung in der Praxis – Hochschulbibliotheken und "Globalhaushalt" am Beispiel Nordrhein-Westfalens (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 5.3.7)
Im Kontext der Verwaltungs- sowie
Hochschulreform sollen neue Haushaltsmodelle den Hochschulen Möglichkeiten zu
einer optimalen Bewältigung ihrer Aufgaben eröffnen. Das Ziel dieser Modelle ist
die Übertragung einer erhöhten Finanzautonomie auf die Hochschulen, um der dem
traditionellen öffentlichen Haushaltssystem (vgl. hierzu Schiffer/Umlauf 2004)
inhärenten Trennung zwischen Fach- und Ressourcenverantwortung (vgl. Hobohm
2002, S. 3 f.) entgegenzuwirken und den Hochschulen ein sowohl
wirtschaftlicheres wie leistungsorientierteres Handeln zu ermöglichen.
In den Jahren 2003–2004/05 wurde in Nordrhein-Westfalen an vier bzw.
fünf Hochschulen (RWTH Aachen, Universität Bielefeld, FH Münster, FH Niederrhein
und seit 2004 die FH Bonn-Rhein-Sieg) ein Modellversuch „Globalhaushalt“
durchgeführt. Das vorliegende Unterkapitel beschreibt im Folgenden diesen
Modellversuch aus hochschulbibliothekarischer Sicht als Praxisbeispiel einer
weit reichenden Finanzautonomie. Auf der Basis der Rahmenbedingungen dieses
Modellversuchs und der sich hieraus ergebenden theoretisch möglichen
Konsequenzen für Hochschulbibliotheken werden Anwendungsmöglichkeiten der
Kostenrechnung für eine bedarfsgerechtere und wirtschaftlichere
Mittelbewirtschaftung unter den Bedingungen eines „Globalhaushalts“
aufgezeigt.
Bereits das Vorgängermodell „Hochschule und Finanzautonomie“ hatte
den Hochschulen in NRW einen flexibleren Hausvollzug ermöglicht. Mit dem
Globalhaushalt wurde nun der Großteil der Bewirtschaftungsverantwortung von der
Politik auf die Hochschulen transferiert. Die Einführung dieses Haushaltsmodells
erfordert laut § 5 HG
NRW die „Einführung einer Kosten-Leistungsrechnung, eines Berichtswesens
und eines Controlling“. Für die Hochschulen bedeutet dies eine klare Hinwendung
zu betriebswirtschaftlichen Strukturen und Steuerungsverfahren, die zwingend
verwaltungstechnische und organisatorische Neuerungen nach sich ziehen.
Veränderungen ergeben sich aber auch für die Subeinheiten der
Hochschulen, also auch für die Hochschulbibliotheken. Solche Veränderungen
resultieren einerseits aus den vom Land vorgegebenen Rahmenbedingungen des neuen
Haushaltsmodells und andererseits aus dem Grad der Finanzautonomie, den die
Hochschule ihrerseits ihren Fachbereichen und Einrichtungen zubilligt, d.h. aus
den hochschulinternen Umsetzungsverfahren. Mehr Autonomie in der
Mittelbewirtschaftung erfordert aber auch Instrumente zur Erzeugung einer
innerbetrieblichen Kostentransparenz. Obwohl die Hochschule allgemein gesetzlich
dazu verpflichtet ist, eine Kosten-Leistungsrechnung zu implementieren,
erscheint daher ein zusätzliches bibliotheksinternes Kostenrechnungsmodell
sinnvoll, das nochmals speziell auf die Belange der Bibliothek hin konstruiert
und moduliert werden kann. Die mit einem solchen Modell ermittelbaren Daten
können eine wichtige Grundlage darstellen, um die haushaltssystemisch gegebenen
Spielräume unter monetären und leistungsbezogenen Gesichtspunkten sinnvoll
beschreiben und nutzen zu können, sei es im Hinblick auf betriebliche
Umstrukturierungen und/oder Investitionen, sei es hinsichtlich der Beantragung
künftiger Etats und/oder der Erschließung zusätzlicher Finanzquellen.
Begriffsklärung "Globalhaushalt"
Peter Lohnert: Begriffsklärung "Globalhaushalt" (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 5.3.7.1)
Zu Beginn soll zunächst kurz erläutert werden, was unter dem
Begriff „Globalhaushalt“ zu verstehen ist.
Der Begriff „Globalhaushalt“ lässt sich in Anlehnung an Christoph
Gröpl (2001, S. 242 f.) wie folgt definieren:
Globalhaushalt ist ein auf ein Haushaltsjahr festgesetzter
Pauschalbetrag oder festgesetztes Budget „einer oder mehrere[r]“
öffentlichen „mittelbewirtschaftenden Stelle[n], [oder] im Extremfall“ sogar
eines gesamten „Ressorts“, der/das einer differenzierten
Ausgabe-Zweck-Vorgabe entbehrt. Darüber hinaus unterliegt er/es nicht dem
Jährlichkeitsprinzip. Über diesen Pauschalbetrag/dieses Budget kann die
mittelbewirtschaftende Stelle dann im Rahmen ihrer Funktion/ihrer Aufgaben
(größtenteils) frei und damit in Eigenverantwortung verfügen.
Im Unterschied zum traditionellen Haushalt bedeutet dies im
Wesentlichen also:
- –
Es existiert nur noch ein Haushaltstitel, der nur noch
einen sehr allgemein gefassten Ausgabezweck umfasst. (Anm.:
Allerdings wird abweichend von dieser strikten Definition in der
Praxis auch schon bei einer deutlich reduzierten Titelanzahl von
„Globalhaushalt“ gesprochen.)
- –
Überjährigkeit, d.h. die Übertragbarkeit von Mitteln auf
folgende Haushaltsjahre. Die einmal vom Träger zugewiesenen Mittel
gelten für diesen als verausgabt. Er verlangt diese also nicht am
Ende eines Haushaltsjahres zurück.
- –
Die Befugnis über die Verwendung der Finanzmittel obliegt
– im Rahmen ihrer Funktion/Aufgaben – der jeweiligen
Einrichtung.
Die Autonomie in der Bewirtschaftung der Finanzressourcen
(Deregulierung) ist somit bei einem Globalhaushalt am weit reichendsten, da
auch bei einer freieren Haushaltsgestaltung vermittels Flexibilisierung im
engeren Sinne (= Titel werden deckungsfähig) durch entsprechende Regelungen
hinsichtlich gegenseitiger oder einseitiger Deckungsfähigkeit immer noch
stärkere Beschränkungen bestehen. Gegenseitige Deckungsfähigkeit gilt nicht
für alle Titel und ggf. nur bis zu einem gewissen Prozentsatz, d.h. Ansätze
dürfen – bei entsprechender Einsparung bei einem oder mehreren anderen
Titel(n) – nur um einen Prozentsatz X überschritten werden. Manche Titel
sind allerdings auch nur einseitig deckungsfähig, d.h. entweder sie können
zwar aus anderen Titel verstärkt werden, selbst aber nicht zur Erhöhung der
Ansätze anderer Titel herangezogen werden oder umgekehrt. Im Globalhaushalt
(mit nur einem Titel) entfallen solche Beschränkungen logischerweise.
Die Steuerung der Einrichtung durch den staatlichen Träger
erfolgt beim Globalhaushalt nicht mehr primär über den finanziellen Input,
sondern Output-orientiert, d.h. nicht mehr hinsichtlich getätigter Einnahmen
und Ausgaben, sondern im Hinblick auf zu erbringende Leistungen. Der
staatliche Träger definiert Ziele und Aufgaben der Einrichtung und stellt
dieser die hierfür erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung (Budgetierung),
kontrolliert die Erfüllung dieser Aufgaben und bezieht die Ergebnisse in die
Bemessung künftiger Budgets mit ein. Zu erreichende Ziele und Leistungen
können dabei in einer Ziel- und Leistungsvereinbarung zwischen Träger und
Einrichtung festgeschrieben werden (Kontraktmanagement). Im Hochschulbereich
kommen für die Mittelallokation darüber hinaus
formelgebundene/indikatorisierte Verteilungsverfahren zum Einsatz (Bemessung
der Budgethöhe in Abhängigkeit von z.B. Hochschultyp, Zahl der Studenten,
Promotionen, Publikationen u.a.).
Die Einrichtung kann die Mittel innerhalb dieses Rahmens
(weitgehend) frei, und dies bedeutet fach- und zeitgerecht, nach dem
jeweiligen aktuellen Bedarf bewirtschaften. Durch die Delegation der
Finanzverantwortung auf die mittelbewirtschaftende Stelle
(Dezentralisierung) wird die nach dem traditionellen Haushaltssystem
gegebene Trennung zwischen Fach- und Ressourcenverantwortung überwunden und
soll ein wirtschaftliches wie leistungs-/produktorientiertes Agieren der
Einrichtung ermöglicht werden. Das Prinzip der Dezentralisierung kann und
sollte idealerweise auch innerhalb der Einrichtung weiter fortgeführt
werden. So kann z.B. eine Hochschule ebenfalls wiederum einzelne
Globalbudgets an ihre jeweiligen Subeinheiten vergeben und diesen eine
weitgehende Bewirtschaftungsbefugnis erteilen.
Nach diesem kurzen Überblick über das Konzept „Globalhaushalt“
werden im Folgenden nun die Rahmenbedingungen des nordrhein-westfälischen
Modellversuchs vorgestellt.
Rahmenbedingungen des Modellversuchs "Globalhaushalt" an Hochschulen in
NRW
Peter Lohnert: Rahmenbedingungen des Modellversuchs "Globalhaushalt" an Hochschulen in
NRW (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 5.3.7.2)
Der
Modellversuch wurde durch folgende Rahmenbedingungen definiert:
Reduktion der Anzahl der Haushaltstitel auf drei Titel
Die Haushaltspläne der Modellhochschulen enthalten nur noch die
folgenden drei Haushaltstitel:
- –
Titel 682 10 Zuführungen für den laufenden Betrieb
- –
Titel 891 10 Zuführungen für Investitionen, soweit
HBFG-finanziert
- –
Titel 891 20 Zuführungen zu den sonstigen
Investitionen
Im Gegensatz zur strengen Definition eines Globalhaushalts finden
sich in dem nordrhein-westfälischen Modell also noch drei Titel. Der Titel
682 10 enthält den Großteil der vom Land an die jeweilige Hochschule
zugewiesenen Finanzmittel und bildet damit den eigentlichen Globaltitel.
Eine Unterscheidung zwischen Sach- und Personalmitteln gibt es nicht mehr.
Die in 682 10 und 891 20 ausgewiesenen Mittel sind zur Selbstbewirtschaftung
bestimmt. Anmerkungen zu Titel 682 10 im Wirtschaftsplan (s.u.) sind
verbindlich. Es sind zudem folgende Flexibilisierungsregelungen festgesetzt
worden: Zwischen Titel 682 10 und Titel 891 20 besteht gegenseitige
Deckungsfähigkeit. Der Ansatz von Titel 891 10 kann dagegen zwar aus den
übrigen beiden Titeln verstärkt werden, wenn dort entsprechende Einsparungen
vorgenommen werden, darf aber selber nicht zur Verstärkung der anderen Titel
herangezogen werden (einseitige Deckungsfähigkeit). Die Einnahmetitel sind
fortgefallen, da die Einnahmen in der jeweiligen Hochschule verbleiben
können (s.u.). Auf Grund der Tarifstellenkapitalisierung (s.u.) gibt es im
Haushaltsplan zudem nur noch eine Übersicht der Beamtenstellen.
Kapitalisierung der Tarifstellen
Während der Stellenplan für Beamte erhalten bleibt, wurde der
Tarifstellenplan abgeschafft. Im Zusammenhang mit der Tatsache, dass formal
nicht mehr zwischen Personal- und Sachmitteln unterschieden wird, eröffnet
dies den Hochschulen systemisch ein hohes Potenzial für flexible
Personalmaßnahmen, wie ‚Stellen’-aus- oder -abbau, Umverteilung von Personal
u.a.m. Voraussetzung ist dabei die Beachtung des Arbeits- und
Tarifrechts.
Personalmittelberechnung
Mit der Einführung des Modellversuchs entfällt die vom Land
bislang verbürgte Ausfinanzierung des Personals (Deckelung der
Personalkosten). Die Hochschulen erhalten im Rahmen des Modellversuchs
lediglich ein nach bestimmten Kriterien errechnetes Personalbudget, das in
den Globaltitel mit eingeflossen ist. Zum Start des Modellversuchs in 2003
ist das Personalbudget wie folgt berechnet worden:
- –
Personal-Ist-Kosten des Jahres 2001
- –
zuzüglich seit 2002 erfolgten Tarif – und
Besoldungssteigerungen für Personal-Ist-Ausgaben sowie Erhöhungen
von Sozialbeiträgen oder der VBL,
- –
zuzüglich Schöpfmitteln aus 2001, d.h. Pauschbeträgen,
die die Hochschulen für in 2001 besetzbare, aber freigehaltene
Stellen erhielten,
- –
abzüglich 50 TEUR pro im Jahr 2002 und 2003 auf Grund des
Qualitätspaktes
weggefallene Stelle.
- –
Veränderungen der individuellen Verhältnisse beim
Personal (Familienstand, Alter) sind von der Hochschule selbst zu
tragen.
Die Folge dieser Regelungen war, dass mit Beginn des
Modellversuchs die Personalkosten der Hochschulen nicht gedeckt waren. Dies
lag an mehreren Faktoren:
- –
Die Besetzungsquote der Stellenpläne lag in den Jahren
vor dem Modellversuch nie bei 100 %. Eine am ehemaligen Stellenplan
gemessene eventuelle Vollbesetzung haben die Hochschulen damit
selbst zu tragen, da sowohl nicht besetzte und darüber hinaus auch
nicht-geschöpfte Stellen nicht in die Berechnung mit eingegangen
sind.
- –
In 2001 geschöpfte Stellen sind nur mit dem
Schöpfungsanteil und ohne Berücksichtigung der Tarifsteigerungen
eingerechnet worden, nicht also mit den Kosten, die bei einer
Besetzung angefallen wären.
- –
Seit 2002 erfolgte Veränderungen der individuellen
Verhältnisse beim Personal sind gleichfalls nicht mehr mit
eingerechnet worden.
- –
Unterwertig besetzte Stellen sind ebenfalls nur mit den
Ist-Kosten in die Berechnung eingegangen.
- –
Professorenstellen, die nicht besetzt waren und für
Lehraufträge genutzt oder mit Vertretern besetzt wurden, sind nicht
mit den vollen Durchschnittssätzen berechnet worden.
Unbegrenzte Restebildung (Aufhebung des Jährlichkeitsprinzips)
Einmal zugewiesene Mittel gelten für das Land als verausgabt: Das
Jährlichkeitsprinzip entfällt und damit auch das Phänomen des
Dezemberfiebers. Anschaffungen und Investitionen sollen vielmehr unter sach-
und bedarfsorientierten Gesichtspunkten erfolgen und nicht im Hinblick auf
haushaltstechnische Schranken und drohende Etatkürzungen. Dies heißt,
Ausgabereste können somit im Hochschulhaushalt verbleiben und Mittel
angespart werden, wodurch auch längerfristige Planungen und Projekte
ermöglicht werden. Eine Ausnahme hiervon bilden jedoch die Zentralmittel.
Diese unterliegen weiterhin dem Jährlichkeitsprinzip.
Erwirtschaftung von Einnahmen
Das Erwirtschaften von Einnahmen war bereits unter dem
Vorgängermodell „Hochschule und Finanzautonomie“ möglich und ausdrücklich
erwünscht. Die Erschließung zusätzlicher Finanzquellen bildet auch im
Modellversuch „Globalhaushalt“ ein zentrales Moment bei der Erweiterung des
finanziellen Spielraums der Hochschule und ihrer Subeinheiten bzw. für die
Deckung bestehender Verpflichtungen. Denn das Modell „Globalhaushalt“ ist
als „Zuschusshaushalt“ (Ronge 2006) konzipiert und impliziert damit eine
Beteiligung der Hochschule an der Finanzierung für den laufenden
Betrieb.
Sachmittelberechnung
Die Sachmittel wurden zu Beginn des Modellversuchs überrollt,
d.h. die hierfür berechneten Mittel entsprachen dem Sachmittelvolumen des
Vorjahres (2002). Hinsichtlich der Mittel für Lehre und Forschung (TG 94)
nehmen die Hochschulen während des Modellversuchs – im Sinne der
output-orientierten Steuerung – auch weiterhin am landesweiten leistungs-
und erfolgsorientierten Verteilungsverfahren teil, wie es bereits unter dem
Vorgängermodell praktiziert wurde. D.h. ein Teil der Mittel für Lehre und
Forschung wird in Abhängigkeit von verschiedenen, unterschiedlich
gewichteten Parametern (z.B. Hochschultyp, Anzahl der Studenten,
Fachrichtung, u.a.) zugeteilt (formelgebundene/indikatorisierte
Mittelzuweisung).
Führen von Wirtschaftsplänen
Die Modellhochschulen werden mit der Einführung des
Modellversuchs wie Landesbetriebe geführt und sind daher gesetzlich dazu
verpflichtet, einen Wirtschaftsplan zu führen, der die Basis der
Bewirtschaftung bildet (vgl. § 26 Abs. 1 LHO NRW). Dieser Wirtschaftsplan
verzeichnet die verbindlichen Erläuterungen zu den noch verbliebenen
Haushaltstiteln sowie die Ansätze für sonstige Erträge (z.B. aus
Drittmitteln und Einnahmen). Der Wirtschaftsplan selbst besteht aus drei
Teilplänen:
- –
Erfolgsplan: Er benennt und beziffert „die im
Wirtschaftsjahr voraussichtlich anfallenden Aufwendungen und Erträge
nach Art einer Gewinn- und Verlustrechnung“ (vgl. Erläuterung zu § 26
Abschnitt 1 LHO NRW), differenziert nach Einkunftsquellen
und den verschiedenen Aufwandsgruppen Personal-, Bewirtschaftungs-,
laufende Sach- sowie Mietkosten. Diese Aufwandsgruppen sind wiederum
in sich weiter differenziert.
- –
Finanzplan: Dieser verzeichnet den Finanzbedarf für die
einzeln aufgeführten geplanten Investitionen (getrennt nach
HBFG-finanziert und nicht HBFG-finanziert) sowie eine Aufgliederung
der zugehörigen Deckungsmittel. Hinzu kommen Erläuterungen für die
HBFG-finanzierten Investitionen.
- –
Gesamtstellenübersicht: Diese listet die Zahl der Stellen
auf, differenziert nach Beamten, Angestellten, Arbeitern sowie
Auszubildenden/Praktikanten/Aushilfskräften, ohne diese allerdings
genauer aufzuschlüsseln.
Modelle der hochschulinternen Mittelallokation
Peter Lohnert: Modelle der hochschulinternen Mittelallokation (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 5.3.7.3)
Ein
solches Haushaltsmodell und die damit gegebenen Beschränkungen und
Freiheiten betreffen zunächst die Hochschule als gesamte Einrichtung.
Mögliche Konsequenzen – und damit auch das Maß an (Finanz-)Autonomie – für
Hochschulbibliotheken hängen somit wesentlich auch von den jeweiligen
hochschulinternen Umsetzungsverfahren ab, insbesondere von dem von der
Hochschule gewählten Mittelallokationsmodell und der daran geknüpften
Delegation der Verwaltungs- und Bewirtschaftungsbefugnis. Bei den
Mittelallokationsmodellen lassen sich im Wesentlichen drei Modelle
differenzieren, die in sich allerdings nochmals variiert werden können:
a) Vollkostenbudgetierung
Die Hochschulbibliothek erhält ihre gesamten Mittel (Personal-
und Sachbereich) in einer Globalsumme. Auch hochschulintern werden die
Tarifstellen kapitalisiert. In der Bewirtschaftung der Mittel ist die
Bibliothek (weitgehend) frei und kann nach den jeweiligen betrieblichen
Erfordernissen handeln. Dieses Modell folgt damit dem Prinzip einer weit
reichenden Dezentralisierung und baut hierin auch hochschulintern die
Trennung zwischen Fach- und Ressourcenverantwortung weitgehend ab.
Allerdings kann die Hochschule bei diesem Modell auch bestimmte
Beschränkungen definieren, so dass die Vergabe eines Globalbudgets und eine
hochschulinterne Kapitalisierung der Tarifstellen nicht zwangsläufig eine
volle Bewirtschaftungsautonomie der Bibliothek zur Folge hat (Kap. 5.3.7.5).
Zudem sind im Hinblick auf personelle Maßnahmen in jedem Fall tarif- und
arbeitsrechtliche Bestimmungen zu beachten.
b) Stellenplanbudgetierung
Bei diesem Modell wird hochschulintern der gesamte Stellenplan
beibehalten, inklusive des Tarifstellenplans, d.h. hochschulintern werden
die Tarifstellen nicht kapitalisiert. Die Ausfinanzierung der Stellen wird
von der Hochschule getragen. Das Personalbudget einer jeden
Hochschulsubeinheit wird dabei nach der Wertigkeit ihrer Stellen berechnet.
Die Personalbewirtschaftung erfolgt demnach zentral. Erhöhte
Bewirtschaftungsfreiheit wird über Flexibilisierungsregelungen
gewährleistet, wie z.B. durch Mittelschöpfung: So kann die Bibliothek
entscheiden, ob sie eine Stelle freihalten möchte und hierfür einen
entsprechenden Pauschbetrag erhält, oder ob sie die Stelle besetzen möchte.
Die einzelnen Regelungen (z.B. welche Stellenarten geschöpft werden können,
die Höhe des Pauschbetrages usw.) legt die Hochschule fest. Das Modell
impliziert für die Subeinheiten eine geringere Finanzautonomie als die
Vollkostenbudgetierung und orientiert sich am Vorgängermodell „Hochschule
und Finanzautonomie“. Dem steht jedoch der nicht zu unterschätzende Vorteil
der garantierten Stellenausfinanzierung gegenüber.
c) Teilbudgets von unterschiedlichen Stellen
Dieses Modell ist bibliotheksspezifisch und konnte bereits vor
der Einführung des Modellversuchs praktiziert werden. Die Bibliothek erhält
ihre Mittel für die Literaturerwerbung von den Fachbereichen. D.h., jeder
Fachbereich stellt die Mittel für die Literatur seines Bereichs zur
Verfügung. Die restlichen Sachmittel sowie die Personalmittel erhält die
Bibliothek durch das Rektorat. Das Ergebnis ist eine hohe Abhängigkeit der
Bibliothek von den Fachbereichen. Dies ist besonders unter dem Aspekt der
gedeckelten Personalkosten nicht unproblematisch. Sollte die Hochschule
gezwungen sein, die einzelnen Subeinheiten an der Finanzierung der fehlenden
Personalmittel zu beteiligen, könnte dies zu Lasten der Literaturmittel
erfolgen, falls Fachbereiche die hierfür erforderlichen Mittel aus dem für
die Hochschulbibliotheken vorgesehenen Literaturetat abziehen, um die
Finanzierung anderer Projekte und Investitionen nicht zu gefährden. Zudem
sind die Literaturmittel für die Bibliothek zweckgebunden und können nicht
für andere Zwecke, wie etwa zusätzliches Personal oder sonstige
Investitionen, genutzt werden. Der Bewirtschaftungsspielraum ist also
eingeschränkter.
Die Variante, dass die Bibliothek auch die Personalmittel von den
Fachbereichen erhält, ist aus pragmatischer Sicht sehr unwahrscheinlich,
weil dies einen hohen Verwaltungsaufwand für die Fachbereiche bedeuten
würde.
Die Rahmenbedingungen des Globalhaushalts und die
hochschulinternen Umsetzungsverfahren stellen Hochschulbibliotheken vor neue
Herausforderungen. Die Kostenrechnung kann hier helfen, sich ergebende
Chancen und Risiken zu bewältigen, wie im Folgenden gezeigt werden soll.
Kostenrechnung und hochschulinterne Mittelallokation
Peter Lohnert: Kostenrechnung und hochschulinterne Mittelallokation (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 5.3.7.4)
Der Frage der Mittelallokation kommt unter den Bedingungen des
Globalhaushalts ein besonderer Stellenwert zu, insbesondere durch die
Aufhebung der formalen Trennung zwischen Personal- und Sachmitteln:
- –
In den letzten Jahren mussten die Hochschulbibliotheken
NRWs im Rahmen des Modells „Hochschule und Finanzautonomie“ am
hochschulinternen Verteilungskampf um die Sachmittel partizipieren,
da im Lauf der Entwicklung dieses Modells anstelle des Landes die
Hochschulen für die Verteilung dieser Mittel zuständig wurden.
Dieser Verteilungskampf kann sich nun, falls die Hochschule nicht
das Modell der Stellenplanbudgetierung wählt, zusätzlich auf die
Mittel für das Personal erstrecken. Unterliegt die Bibliothek im
allgemeinen Mittelverteilungskampf, dann muss entweder das
vorhandene Personal zu Lasten der Ausgaben im Sachbereich (z.B.
Literaturerwerbung oder Investitionen) finanziert werden oder, falls
möglich, kurz- oder langfristig Personal abgebaut werden.
- –
Der Verteilungskampf kann darüber hinaus durch die
Aufgabe des Stellenausfinanzierungsprinzips seitens des Landes
zusätzlich an Schärfe gewinnen, wenn der Hochschule hierdurch eine
Deckungslücke entsteht und entsprechend insgesamt weniger Mittel
verteilt werden können. Dies könnte im Falle von zweischichtigen
Bibliothekssystemen auch die Beziehungen zwischen der zentralen
Hochschulbibliothek und den Institutsbibliotheken (weiter)
beeinflussen. Die Möglichkeit einer Konkurrenz bestand bereits ab
dem Zeitpunkt, an dem die Hochschulbibliotheken sich am internen
Verteilungskampf um die Sachmittel beteiligen mussten (vgl. auch
Stäglich 1994, S. 242). Die Tatsache, dass auf Grund der nicht
ausfinanzierten Personalkosten die Hochschulen insgesamt weniger
Mittel zu verteilen haben, könnte solche Konkurrenzen
verstärken.
- –
Da der Stellenplan der Beamten erhalten bleibt, können
eigenständig Veränderungen hier nicht vorgenommen werden. Dennoch
sind Veränderungen im Stellenplan, vorbehaltlich der
Haushaltsverhandlungen mit dem Finanzministerium, nicht unmöglich.
Sind Beamtenstellen unbesetzt, und dies möglicherweise sogar schon
seit längerer Zeit, dann könnten auf diese Weise der Bibliothek
somit durchaus langfristig auch Beamtenstellen und damit verbundene
Finanzmittel verloren gehen, wenn diese auf andere Subeinheiten
umverteilt würden. Das Argument, dass eine Stellenstreichung bzw.
hochschulinterne Umverteilung notgedrungen zu einer Ausdünnung der
Personalkapazität der Bibliothek führt, kann nicht mehr ohne
weiteres verwendet werden, da die Bibliothek auf Grund der völligen
Deckungsfähigkeit zwischen Sach- und Personalmitteln systemisch
betrachtet die gestrichene Beamtenstelle durch eine neu
einzurichtende ‚Tarifstelle’ ersetzen kann. Damit ist aber noch
nicht gesagt, dass der Bibliothek auch die entsprechenden Mittel zur
Verfügung gestellt werden. Die Schaffung einer neuen ‚Tarifstelle’
müsste somit auf der Basis von Einsparungen an anderer Stelle, d.h.
im Sachbereich, finanziert werden. Ist dies nicht möglich und
gelingt es der Bibliothek nicht, sich im Verteilungskampf
ausreichend zu behaupten, dann sieht sich die Bibliothek mit einer
Reduktion ihres Personalbestandes bzw. der daran geknüpften Mittel
konfrontiert.
Ein wichtiges hochschulbibliothekarisches Aufgabengebiet besteht
in der Wahrnehmung regionaler und überregionaler Dienste, wie z.B. der
Fernleihe. Seit die Hochschulen für die Bemessung der Bibliotheksmittel
zuständig sind, sind Mittel für diese Aufgaben nicht mehr garantiert, da die
Hochschulen nicht zwingend bereit sind, den Bibliotheken für diese
Dienstleistungen Gelder bereitzustellen. Eine Unter- oder Nichtfinanzierung
dieser Dienste kann auf Dauer aber zu Versorgungslücken, z.B. im
Fernleihverkehr, führen (vgl. näher Stäglich 1995, S. 164 f.). Auch dieses
Problem kann sich nun unter den Bedingungen des Globalhaushalts nochmals
verschärfen, insbesondere durch die Mittelreduktion auf Grund der Aufgabe
des Ausfinanzierungsprinzips der Personalkosten. Gelingt es der Bibliothek
nicht, von der Hochschule die für die regionalen und überregionalen Aufgaben
notwendigen Mittel zu erhalten, muss überlegt werden, wie diese wichtigen
Dienste anderweitig finanziert werden können (vgl. 5.3.7.7).
Es wird deutlich, dass die Bibliothek unter den Bedingungen eines
Globalhaushalts ein entsprechendes Nachweisinstrument benötigt, dass ihren
jeweiligen Sach- und – nun neu – Personalmittelbedarf offen legt. Ein
solches Instrument ist die Kostenrechnung. Die vermittels der Kostenrechnung
ermittelten und systematisch aufbereiteten Daten können eine wichtige Basis
für das innerhochschulische Berichtswesen sein, um den Mittelbedarf der
Hochschulbibliothek transparent nachzuweisen (z.B. Nachweis über die Kosten
bestimmter Datenbankangebote, Zeitschriften etc.). Neben der Ermittlung der
Ist-Kosten, ist der Blick dabei insbesondere auch auf die Zukunft
auszurichten. Denn bei der Ermittlung der Kosten bei den verschiedenen
Kostenarten sind auch Kostenentwicklungen mit zu berücksichtigen. Dies gilt
nicht nur etwa bei der Verteuerung von Zeitschriftenabonnements,
Datenbankangeboten oder bei zusätzlichen Kosten durch geplante Investitionen
(Kauf neuer Rechner, neuer Regalanlagen u.a.), sondern auch bei
Kostensteigerungen beim Personal, wie z.B. durch Veränderung der
individuellen Verhältnisse eines Stelleninhabers (Alter, Familienstand
etc.).
Während also z.B. für die Frage nach der Verteilung von
Mitarbeitern auf Teilprozesse hinsichtlich der Vergütungsgruppen bzw. des
Dienstgrades besser mit Durchschnittssätzen operiert wird (vgl.
Kap. 5.3.2.1), sind für die Ermittlung des Mittelbedarfs die exakten
(aktuellen bzw. künftigen) Personalkosten in die Berechnung für das
notwendige Gesamtbudget bzw. bei der Bewirtschaftung dieses Budgets mit
einzubeziehen.
Gelingt es der Bibliothek nicht, sich im allgemeinen
Mittelverteilungskampf zu behaupten, und gehen Mittel verloren, kann die
prozessorientierte Kostenrechnung helfen, die vorhandenen (knapperen)
Finanzressourcen optimal einzusetzen sowie Kostensenkungspotentiale
aufzudecken und (zumindest langfristig) zu nutzen (vgl. Kapitel 5.3.5). So
könnte etwa ermittelt und erwogen werden, ob weniger Ausgaben im Sachbereich
zugunsten des Personals getätigt werden (können), oder ob (zumindest
langfristig) Personal eingespart werden soll bzw. kann.
Kostenrechnung und Mittelbewirtschaftung
Peter Lohnert: Kostenrechnung und Mittelbewirtschaftung (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 5.3.7.5)
Erhält die Bibliothek durch die Hochschule ein Globalbudget und
eine weit reichende Bewirtschaftungsbefugnis, die auch das Personal umfasst,
dann eröffnen sich – zumindest theoretisch – größere Spielräume für eine
bedarfsgerechtere Mittelbewirtschaftung. Über den Einsatz der Mittel, d.h.
über die Verteilung der Finanzressourcen auf den Personal- und Sachbereich,
kann die Bibliothek dann weitgehend selbst entscheiden. So kann der Sachetat
– wie bereits unter dem Vorgängermodell – unbegrenzt durch entsprechende
Einsparungen im Personalbereich aufgestockt werden.
Neu ist, dass diese Möglichkeit nun auch ohne Begrenzung in
umgekehrter Richtung besteht. Dabei erhöht sich die Flexibilität systemisch
insbesondere durch den Fortfall des Stellenplans im Tarifbereich. Aber auch
bei den Beamtenstellen sind größere Freiheiten gegeben (s.u.). Unter der
Bedingung, dass die Hochschule der Bibliothek eine entsprechende
Bewirtschaftungsbefugnis gewährt, stehen damit nun – unter Einhaltung der
arbeits- und tarifrechtlichen Bestimmungen – im Wesentlichen folgende
Optionen zur Verfügung:
- –
Autonome Entscheidung über die Einstellung von
zusätzlichem (Tarif-)Personal (befristet oder unbefristet) bei
entsprechenden Einsparungen bei den Sachmitteln;
- –
Personalabbau (zeitweilig oder dauerhaft) zugunsten eines
höheren Sach- oder Investitionsmittelvolumens;
- –
Autonome Entscheidung über das Besetzen oder Freihalten
von Beamtenstellen und Nutzung der entsprechenden frei werdenden
Mittel für Sachaufwendungen, ohne dass hierfür zeitliche Fristen
einzuhalten wären;
- –
Höhergruppierungen von qualifizierten Mitarbeitern mit
entsprechenden Aufgabenerweiterungen (Stichwort:
Personalentwicklung);
- –
„Stellen“-Umwandlungen (ggf. mit Zustimmung der
Personalverwaltung oder von Personalräten).
Die Bibliothek kann somit je nach ihren jeweiligen betrieblichen
Erfordernissen entsprechende Maßnahmen eigenständig ergreifen, wodurch sich
Spielräume für zeitlich begrenzte oder auch dauerhafte betriebliche
Umstrukturierungen eröffnen, um z.B. neue Leistungsangebote zu offerieren
oder bestehende zu intensivieren:
- –
So könnte etwa die Katalogisierung durch neues Personal
verstärkt werden, um die Medienbereitstellung zu beschleunigen.
- –
Die Umstellung von einem zweischichtigen auf ein
einschichtiges Bibliothekssystem könnte durch eine befristete
Personalerweiterung schneller erfolgen.
- –
Finanziell aufwändigere Projekte (z.B. Aufbau neuer
Dienstleistungen, Auf-/Ausbau und Betreuung der DV-Ausstattung)
könnten sowohl materiell wie auch personell – kurzfristig oder
langfristig – verstärkt werden, ohne dabei Kräfte aus anderen
Bereichen abziehen zu müssen.
- –
Ein (verstärkter) Einsatz von studentischen Hilfskräften
anstelle von qualifiziertem Personal (z.B. in der Ausleihe, bei der
Katalogauskunft, bei Einstellarbeiten) könnte Ressourcen für
qualifiziertes Personal einsparen oder das vorhandene Personal
entlasten, so dass dieses Zeit für anderweitige Aufgaben erhält, die
zwingend qualifiziertes Personal erfordern.
- –
Der Aufbau eines integrierten Geschäftsgangs könnte durch
die Zusammenführung von mehreren Teilprozessen in einer Hand
Personalkapazitäten freisetzen.
- –
Outsourcing von bestimmten Dienstleistungen könnte
helfen, Stellen einzusparen.
- –
…
Unabdingbare Voraussetzung einer wirtschaftlichen und
leistungsorientierten Nutzung dieser Spielräume in der Praxis ist jedoch ein
hohes Maß an Kostenkontrolle, d.h. Ausgabenplanung und -überwachung. Nur
eine exakte Transparenz bezüglich des Verbleibs der Ressourcen bei der
Leistungserstellung, wie sie die Kostenrechnung bietet, ermöglicht ein
effizientes und effektives Finanzmanagement. So gilt es zu ermitteln, ob und
an welcher(n) Stelle(n) und durch welche Maßnahmen vorhandene Ressourcen
bedarfsgerecht umgeschichtet bzw. für neue Zwecke freigesetzt werden können.
Die Ermittlung der fixen und variablen Kosten über die Kostenartenrechnung
legt dabei grundsätzlich die jeweiligen Handlungsspielräume der Bibliothek
offen (Kap. 5.3.2). Prozessoptimierung ermöglicht den verbesserten Einsatz
der vorhandenen Ressourcen (vgl. Kap. 5.3.5.1) und hierüber die Anpassung
des Personalbestands wie der Sachausstattung. So kann beispielsweise die
Ermittlung von Leerzeiten aufzeigen, ob ggf. Personal an bestimmten Stellen
eingespart (vgl. Kap. 5.3.5.2) und damit entweder auf andere Bereiche
umverteilt werden oder, falls möglich und gewünscht, völlig oder auf
bestimmte Zeit entfallen kann. Die entsprechenden Mittel würden so entweder
für andere Zwecke disponibel oder zu notwendigen Einsparungen genutzt werden
können.
Der letzte Aspekt wird wohl gerade angesichts der nicht
ausfinanzierten Personalkosten und allgemein sinkender Etats eine nicht
unbedeutende Funktion der Kostenrechnung unter den Bedingungen des
Globalhaushalts sein. Die Kostenrechung bietet die Möglichkeit zu eruieren,
an welchen Stellen Einsparungen am ehesten zu vertreten sind. Darüber hinaus
kann sie die Daten liefern, ob und inwieweit entsprechende Umverteilungen
das Ausscheiden von Personal kompensieren können. Scheidet Personal,
altersbedingt oder auf Grund Vertragsablaufs aus, so geschieht dies nicht
unbedingt an einer Stelle, an der dies betrieblich leicht zu verschmerzen
wäre, also nicht notwendigerweise dort, wo ohnehin Leerzeiten beobachtet
werden. Die Kostenrechnung erbringt die entsprechenden Daten, um zu
ermitteln, ob eine angemessene Umverteilung des vorhandenen Personals
möglich ist, d.h. ob Personal aus einem Teilprozess oder sogar einer
Kostenstelle, in der Leerzeiten ermittelt wurden, in die Kostenstelle oder
zu einem entsprechenden Teilprozess umverteilt werden kann, wo der
ausgeschiedene Stelleninhaber zuvor seine Tätigkeit ausgeübt hat.
Voraussetzung ist natürlich, dass keine arbeits- und tarifrechtlichen
Bestimmungen dagegen sprechen.
Im Globalhaushalt besteht bei weit reichender
Bewirtschaftungsbefugnis systemisch, wie gesehen, aber auch die Möglichkeit,
in Eigenregie im Tarifbereich neue Stellen zu schaffen. Hier kann und sollte
vorab in Form einer Kosten-Nutzen-Analyse ermittelt werden, ob die geplante
Maßnahme sinnvoll erscheint. So kann beispielsweise auf der Basis einer
Prozessanalyse ermittelt werden, um wie viel sich die Leistungsmenge eines
Teilprozesses, d.h. die Kostentreibermenge, erhöhen würde, wenn die
Personalkapazität in einem bestimmten Umfang verstärkt würde. Setzt sich die
Bibliothek etwa das Ziel, die Bereitstellung neu erworbener Medien zu
beschleunigen, so kann auf diese Weise ermittelt werden, wie viele
zusätzliche Medien durch die Verstärkung der Katalogisierung um z.B. eine
halbe Stelle katalogisiert werden könnten. Die gegenseitige
Deckungsfähigkeit zwischen Personal- und Sachbereich im Globalhaushalt macht
eine entsprechende Erhöhung der Personalkapazität haushaltstechnisch bei
einer entsprechenden Bewirtschaftungsbefugnis der Bibliothek möglich.
Die Frage ist freilich, inwieweit es einer Bibliothek mit einem
hohen Bedarf bei den Sachmitteln, speziell beim Bestandsaufbau, in der
Praxis möglich ist, Gelder für die Einstellung von zusätzlichem
qualifizierten Personal aufzubringen. Vorab ist folglich genau zu klären,
wie eine zusätzliche Stelle finanziert werden kann (z.B.
drittmittelfinanziert und/oder durch entsprechende Einsparungen im
Sachmittelbereich). Darüber hinaus sind bei Personalerweiterungsmaßnahmen
auch die damit verbundenen Folgekosten zu berücksichtigen. Denn
eigenständige Neueinstellung von zusätzlichem Personal bedeutet, wie oben
bereits erwähnt (Kap. 5.3.7.4), keineswegs, dass die hierfür erforderlichen
Mittel notwendig in künftige Budgetbemessungen für die Bibliothek mit
einfließen. Die Finanzierung neuer Stellen, insbesondere bei unbefristeten
Arbeitsverhältnissen, sollte also längerfristig kalkuliert werden. Denn es
sind hier auch, vor allem bei unbefristeten Stellen, steigende Kosten auf
Grund von Tarifsteigerungen und wechselnden individuellen Verhältnissen des
Stelleninhabers zu berücksichtigen. Erst nach einer entsprechenden
Kosten-Nutzen-Analyse kann und sollte somit entschieden werden, ob
zusätzliches Personal eingestellt werden kann oder soll.
Die Flexibilität in der Mittelbewirtschaftung ist aber auch von
den hochschulinternen Regelungen abhängig, d.h. von der Wahl des
Mittelallokationsmodells und dem Grad der zugebilligten
Bewirtschaftungsbefugnis. Eine empirische Untersuchung über die Erfahrungen
der Hochschulbibliotheken der Modellhochschulen während des ersten Jahres
des Modellversuchs hat gezeigt, dass Hochschulen hier unterschiedliche Wege
gehen können. Grundsätzlich wurden bzw. werden zwar in allen
Modellhochschulen die Handlungsspielräume der Bibliotheken systemisch
erweitert, der Grad dieser systemischen Autonomie kann jedoch von Hochschule
zu Hochschule variieren (vgl. Lohnert 2006): So kann die
Bewirtschaftungsbefugnis trotz einer Vollbudgetierung und Kapitalisierung
der Tarifstellen z.B. dahingehend begrenzt werden, dass Personalmaßnahmen
für unbefristete Arbeitsverhältnisse erst die Rücksprache mit der
Hochschulverwaltung verlangen.
Die Hochschulen können des Weiteren auch eine am ursprünglichen
Stellenplan gemessene Ausfinanzierungsquote festlegen, die dann an die
jeweilige finanzielle Situation der Hochschule angepasst werden kann.
Eigenständige Personalerweiterungen durch die Bibliothek sind somit nicht
möglich. Innerhalb eines solchen Rahmens kann die Bibliothek aber durchaus
eigenständig Stellen besetzen oder gegen den Erhalt eines Pauschalbetrags
freihalten. Auch im Fall einer solchen geringeren Bewirtschaftungskompetenz
hilft die Kostenrechnung, eine geeignete Kostentransparenz zu erzeugen und
somit entsprechende strategische Entscheidungen, wie z.B. bzgl. des
Freihaltens oder Besetzen einer Stelle oder im Hinblick auf
Prozessoptimierungen, zu ermöglichen bzw. zu erleichtern.
Kostenrechnung und Rücklagenbildung
Peter Lohnert: Kostenrechnung und Rücklagenbildung (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 5.3.7.6)
Nicht verausgabte Mittel verbleiben im Globalhaushalt vollständig
im Hochschulhaushalt. Das Phänomen des Dezemberfiebers entfällt somit und es
wird ein sach- und bedarfsorientierteres Wirtschaften möglich. Mittel können
gezielt angespart und für Verwendungszwecke verausgabt werden, die den
jeweiligen sachlichen und fachlichen Erfordernissen entsprechen, und zwar zu
einem Zeitpunkt, an dem die entsprechenden Anschaffungen und Investitionen,
wie z.B. neue PCs, Regalanlagen u. ä., tatsächlich angezeigt sind. Auch für
finanziell aufwändige und zeitlich langfristige Projekte können somit Mittel
zurückgelegt werden. Entsprechende Projekte unterliegen so einer besseren
Planbarkeit und Planungssicherheit.
Der Einsatz der Kostenrechnung zur Findung von Einsparpotentialen
lässt sich somit auch ideal dahingehend verwenden, Mittel für beispielsweise
teure Investitionen über einen längeren Zeitraum hinweg entsprechend
finanztechnisch zu organisieren. Die Kostenrechnung hilft hier zu ermitteln,
wo und an welcher(n) Stelle(n) die besten Möglichkeiten bestehen Mittel
einzusparen. So könnte z.B. über einen gewissen Zeitraum eine Beamtenstelle
freigehalten bzw. ein Angestellter eingespart werden. Die hierdurch frei
werdenden Finanzressourcen können dann für geplante Investitionen
zurückgelegt werden.
Voraussetzung ist allerdings, dass die Bibliothek die von ihr
angesparten Mittel auch tatsächlich erhält. Denn über die Zuteilung von
gebildeten Rücklagen entscheidet das Rektorat. Dies bedeutet, die Verteilung
angesparter Mittel erfolgt nicht zwangsläufig nach dem Verursacherprinzip.
Die Bibliothek muss sich somit um einen ausreichenden prozentualen Anteil an
den von ihr angesparten Mitteln bemühen. Darüber hinaus sollten Rücklagen
sich nicht ungünstig auf künftige Budgetbemessungen auswirken.
Eine grundsätzliche Frage ist natürlich, inwieweit vor dem
Hintergrund knapper Ressourcen auf Grund sinkender Etats, hoher Kosten in
der Medienbeschaffung sowie durch langfristige Verpflichtungen im
Personalbereich und ggf. nicht ausfinanzierte Personalkosten überhaupt die
Möglichkeit zur Bildung von Rücklagen besteht.
Kostenrechnung und Erwirtschaftung von Einnahmen
Peter Lohnert: Kostenrechnung und Erwirtschaftung von Einnahmen (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 5.3.7.7)
Angesichts sinkender Etats und steigender Kosten wird die
Erwirtschaftung von Einnahmen mittels Erschließung zusätzlicher
Finanzquellen, wie z.B. durch die Erweiterung des Angebots um
kostenpflichtige bibliothekarische Dienstleistungen oder vermittels Werbung,
Sponsoring u.a.m. (vgl. Schiffer 2002) zunehmend an Bedeutung gewinnen. Auch
wenn Hochschulbibliotheken in ihren Kerntätigkeiten und ihrer Hauptfunktion
Non-Profit-Unternehmen bleiben und bleiben sollen, wird es unumgänglich
sein, den Bibliotheksetat durch Erschließung zusätzlicher Finanzmittel zu
erweitern, sei es um die Literaturerwerbung weiter zu sichern und/oder
regionale und überregionale Aufgaben zu stützen, sei es um den
Personalbestand ausfinanzieren oder vielleicht die Einstellung zusätzlichen
Personals, zumindest teilweise, finanzieren zu können.
Die Erwirtschaftung zusätzlicher Einnahmen verursacht jedoch
auch, zumindest in der Anfangsphase, ihrerseits Kosten. Die Kostenrechnung
kann hier ein wichtiges Instrument für die Kalkulation der zu investierenden
Kosten sein, welche wiederum die Basis für die Bildung eines angemessenen
und rentablen Preises bildet. Die zu erwartenden Kosten müssen also zuvor
durch fundierte Schätzung – wenn nicht auf Erfahrungswerte zurückgegriffen
werden kann – beziffert werden (= Soll-Kosten). Bei komplexen Projekten
bildet eine entsprechende Simulation auf Basis der Kostenrechung, die die
dem geplanten Projekt zuzuordnenden Kosten, differenziert nach Kostenarten,
-stellen und – trägern, erfasst, somit eine wichtige Hilfe in der
Entscheidung für oder wider eine bestimmte profit-orientierte Tätigkeit.
Eine solche auf die Zukunft hin ausgerichtete Kostenrechnung (=
Plankostenrechnung) (vgl. Steger 2001, S. 445) ermöglicht die Kalkulation
der Rentabilität eines Projektes.
So müsste etwa geklärt werden,
- –
welche Arbeitsprozesse für den jeweiligen Zweck notwendig
sind, ob sie mehrfach getätigt werden müssen bzw. weitere
Arbeitsprozesse nach sich ziehen.
- –
Davon ist maßgeblich die Frage abhängig, wie viel an
(geschätzter) Arbeitszeit und wie viel Personal erforderlich
ist.
- –
Sind möglicherweise Weiterbildungsmaßnahmen des Personals
notwendig?
- –
Je nach Art der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit fallen
ggf. Steuern an. Dies ist jeweils zu prüfen.
- –
Für die Preisbildung bzw. Gewinnkalkulation muss
schließlich noch der prozentuale Anteil der erwirtschafteten
Einnahmen, der der Hochschule zufällt, mitberücksichtigt werden, um
eine Nullsumme oder gar einen Verlust zu vermeiden. Denn auch über
den Bereich Einnahmen besitzt das Rektorat die Verteilungskompetenz.
Darüber hinaus dürfen sich, analog zur Rücklagenbildung, die
erwirtschaftenden Einnahmen nicht nachteilig im Hinblick auf die
Höhe künftiger Budgets auswirken.
- –
…
Bei angelaufenen Projekten kann ein später (je nach Projekt ggf.
periodisch) erfolgender Vergleich zwischen den kostenrechnerisch ermittelten
tatsächlich angefallenen Kosten (Ist-Kosten) und den Plankosten der
Kontrolle der Wirtschaftlichkeit des Projektes dienen.
Schlussbemerkung
Peter Lohnert: Schlussbemerkung (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 5.3.7.8)
Eine erhöhte Autonomie der Bibliothek in der Bewirtschaftung der
zur Verfügung stehenden Ressourcen, wie sie hier am Beispiel des
Modellversuchs „Globalhaushalt“ veranschaulicht wurde, erfordert geeignete
Steuerungsinstrumente, die ein effizientes und effektives Finanzmanagement
ermöglichen. Ein solches Instrument ist die Kostenrechnung. Sie gibt über
die Höhe und Verteilung der Kosten sowie den Verbleib der Ressourcen bei der
Leistungserstellung Auskunft. Zugleich liefert sie den notwendigen
Datenpool, um einen wirtschaftlichen wie leistungsorientierten
Betriebsablauf und ggf. die Ergreifung geeigneter Maßnahmen zu ermöglichen,
um die Bibliothek innerhalb der jeweiligen systemischen Freiheiten und
Begrenzungen optimal zu steuern.
Die Zielrichtung eines Einsatzes der Kostenrechnung verläuft
dabei in zwei Richtungen. Zum einen richtet er sich innerbetrieblich auf die
Erfassung und Verteilung der Kosten sowie auf die kosten- und
leistungsbezogene Optimierung der zu bewältigenden Aufgaben und damit auf
die bibliotheksinterne Mittelallokation. Darüber hinaus dient die
Kostenrechnung im Zusammenhang mit der Erschließung alternativer
Finanzquellen der Kalkulation der Rentabilität entsprechender Projekte. Zum
anderen richtet sich der Einsatz der Kostenrechnung aber auch auf das
Verhältnis Hochschule – Bibliothek: Hier geht es um die Sicherung eines
angemessenen Budgets. Dies ist ein Faktor, dem gerade unter den Bedingungen
eines Globalhaushalts eine entscheidende Bedeutung zukommen kann. So
verschafft die Kostenrechnung hier einerseits den Überblick über den
Mittelbedarf und dient andererseits – hinsichtlich eines hochschulinternen
Controllings – als Basis für den Nachweis einer angemessenen
Mittelbewirtschaftung.