Ursula Georgy: Online Marketing: Webdesign (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2015, Abschn. 7.6.6)
Der Internetauftritt ist das Gesicht und somit die Visitenkarte einer jeden Firma und auch Bibliothek. Umso verwunderlicher, dass Online-Präsenzen weiterhin oft sehr gesichtslos daherkommen. Zentrale Anliegen jeder Website muss es sein, dass der Kunde beim Aufruf der Seite sofort erkennen kann, wo er sich befindet – auf der Website der Bibliothek.
Die grafische Gestaltung muss den Eindruck widerspiegeln, den die Bibliothek auch vermitteln möchte. Hierbei sei noch einmal darauf verwiesen, dass die Website Teil der Marke und somit der Markenkommunikation ist und deshalb auf die anderen Kommunikationsmaßnahmen abgestimmt sein muss. Es geht also primär darum, eine Marke in den Köpfen der Kunden zu verankern. Daher gilt es auch, einen Internetauftritt strategisch zu planen. Konkret bedeutet dies auch, Erwartungen der Kunden zu erfüllen. So erwarteten z. B. 88 % der Befragten einer Internetstudie zu den Erwartungen an einen Internetauftritt, dass sie auf der Website von Milka auch eine Lila Kuh erwarten, mehr als 50 % erwarten zudem eine Alpenwelt. (Esch 2013) Die Assoziationen, die Kunden zu einer Marke haben, sollen bzw. müssen sich auch in den Online-Diensten wiederfinden.
Es geht darum, zum einen über die Bibliothek zu berichten, mit der Darstellung der Produkte und Dienstleistungen zu überzeugen und idealerweise direkt zum „Kauf“ bzw. zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen zu animieren. Daher sollte auf bibliothekarische Fachtermini verzichtet werden. So darf von einem Kunden nicht verlangt werden, dass er weiß was der OPAC, die digitale Internetbibliothek, der Bibliotheksverbund o. ä. ist. Und das Wording muss in allen Kommunikationsinstrumenten identisch sein.
Der Aspekt des Nutzens, des Mehrwertes einer Website für den Kunden ist vorrangiges Ziel bei der Gestaltung. Nur dieser interessiert den Kunden, und nur dann wird er länger auf der Website verweilen, dort weiterklicken und sie wiederholt aufrufen (vgl. Abschnitt 7.6.11). Zudem müssen die Erwartungen der Kunden an die Marke „Bibliothek“ erfüllt werden. Dazu kann es für die Bibliothek hilfreich sein, sich Ziele zu setzen, die sie mit der Website erreichen will, die da lauten könnten:
Der Bekanntheitsgrad der Bibliothek und ihrer Angebote soll erhöht werden.
Das Image der Bibliothek soll verbessert werden.
Die Ausstiegsrate auf den Unterseiten sollte minimiert werden.
Ein gewisser Prozentsatz (der zu definieren ist) an Teilnehmern für Bibliotheksschulungen sollen diese Seminare über das Internet buchen.
Die Nutzung der E-Journals und E-Books soll innerhalb der nächsten zwei Jahre eine bestimmte Nutzungsrate erzielen.
Die Konversionsrate der Besucher soll sich innerhalb einer bestimmten Zeit deutlich erhöhen, z. B. dass ein Interessent der Bibliothek zu einem Kunden der Bibliothek wird oder dass ein Interessent den Newsletter der Bibliothek abonniert.
Interessenten / Kunden sollen in die Bibliothek „gelockt“ werden.
Bestimmte Zielgruppen sollen spezifisch angesprochen werden.
Dazu ist es erforderlich, dass
die Bibliothek eine möglichst hohe Anzahl von Klicks pro Monat auf der Website erreicht und so den Traffic konstant hoch hält,
die Zahl der Nutzer, die auf die Website der Bibliothek kommen und wieder abspringen (Besucher, die auf eine Website klicken und sie wieder verlassen, ohne eine weitere Seite aufgerufen zu haben, soll minimiert werden),
die Ausstiegsrate auf den Unterseiten sollte minimiert werden,
den Kunden stets bewusst ist, dass sie sich auf den Webseiten der Bibliothek befinden (was durch die Weiterleitung zu Verlagen, die EZB etc. nicht immer gegeben ist und
die Bibliothek die Besucher direkt auf spezielle Unterseiten lenkt, bei einer Suche über Google oder die Suchfunktion der Website, wo der Besucher seine Anfrage sofort beantwortet bekommt.
Zentrales Element einer Webseite ist die Einstiegsseite. Diese muss es dem Besucher ermöglichen, in möglichst wenigen Schritten sein Ziel zu erreichen. Daher muss es auf der Hauptseite eine klare Navigation sowie eindeutige Klickaufforderungen eingebunden in ein übersichtliches Design geben. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann z. B. mittels Content-Tests in Google Analytics (Google 2015a) geprüft werden. Sie bieten Möglichkeiten von Messungen und Tests, um dann die Website zu optimieren und die definierten Ziele möglichst schnell zu erreichen. Darüber hinaus bieten sich aber auch Usability-Tests an, um die Gebrauchstauglichkeit der Website zu überprüfen. Inzwischen verfügen z. B. zahlreiche Hochschulen, die Studiengänge in den Bereichen Bibliothek, Information, Medien, (Web-)design anbieten über eine entsprechende Laborausstattung und das Know-how der Auswertung. Bibliotheken sollten davon deutlich mehr Gebrauch machen.
Alternativ bietet sich ein Cognitive Walkthrough – CW an. Im Gegensatz zur Usability-Technik geht es nicht um die Erhebung empirischer Daten sondern darum, Handlungsabläufe ohne Testpersonen zu analysieren und dabei die Frage zu stellen, ob diesen Abläufen tatsächlich von den Benutzern gefolgt wird. Mithilfe des Cognitive Walkthrough kann so die leichte Erlernbarkeit eines Produktes / einer Dienstleistung ermittelt werden, wobei immer davon ausgegangen werden sollte, dass der User den Weg des geringsten Aufwandes geht. Der Experte versetzt sich also in einen „hypothetischen Benutzer“ und analysiert speziell vorgegebene Handlungsabläufe. Die erkannten Probleme sollten auch begründet werden. Im Vordergrund steht die Behebung von kognitiven Hürden, so dass der User die Website intuitiv nutzen kann und möglichst einfach seine Anfrage beantwortet bzw. sein Problem gelöst bekommt. Kognitive Hürden können z. B. sein (Schulz, Spree 2006):
Der Anwender wird nicht versuchen, die korrekte Aktion auszulösen.
Der Anwender kann nicht erkennen, dass die gewünschte Aktion zur Verfügung steht.
Der Anwender kann den Zusammenhang zwischen der korrekten Aktion und der gewünschten Auswirkung nicht erkennen.
Der Anwender kann zwar die korrekte Aktion ausführen, sieht aber keinen Erfolg seiner Handlung.
Als „Gutachter“ eignen sich in beiden Fällen vor allem potenzielle Nutzer der Website.
Nähere Informationen zu den Verfahren finden sich u. a. bei Wharton et al. (1994) sowie Lewis und Wharton (1997).
Ein erster Schritt zu einer erfolgreichen Website ist die Vorstellung der Bibliothek und die umfassende Darstellung und Erläuterung des Dienstleistungsangebots. Viele (potenzielle) Kunden haben möglicherweise gar keine oder falsche Vorstellungen von der / einer modernen Bibliothek. Diese gilt es über die Website für die Bibliothek zu interessieren.
Die Texte aus gedruckten Prospekten oder Informationsblättern sollten keinesfalls eins zu eins ins Internet übertragen werden. Sie müssen professionell für das Internet unter Beachtung von Gestaltungsrichtlinien (vgl. Abschnitt 7.5.2) gestaltet werden. Häufigster Fehler ist eine zu textlastige und zu lange Website. Das Blickformat ist keine A4-Seite, sondern die Bildschirmgröße – inzwischen meistens im 16:9-Format – abzüglich aller Navigationsleisten. Üblicherweise wird eine Website erst einmal schnell überflogen, bevor man sich entscheidet, auf der Website zu verweilen und tiefer in die Recherche einzusteigen. Webseiten werden üblicherweise wie ein F gescannt. Man startet oben links, blickt dann nach rechts, dann wieder zurück und nach unten, und wieder nach rechts, aber weniger weit als beim ersten Mal. Bei Interesse am Inhalt setzt sich dieser Prozess bis ans Ende der Webseite fort. Daher positioniert man die Kerninformationen idealerweise an den Schlüsselpositionen. In der Grafik sind diese mit 1 bis 4 gekennzeichnet. (Ridivi 2014)
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Subheadlines und Aufzählungszeichen helfen dabei, den Leser weiterlesen zu lassen. Hier kann man den Nutzer zu bestimmten Zielen führen.
Eine Website sollte einfach zu laden sein – ohne vorheriges Installieren von Plug-Ins, nicht mit Grafiken überfrachtet werden, da diese das Laden einer Website deutlich verlangsamen. Insbesondere Öffentliche Bibliotheken sollten daran denken, dass nicht alle Interessierten über schnelle Breitband-Leitungen und Hochleistungsnetzzugänge verfügen – dies betrifft insbesondere die ländlichen Regionen. Bilder sollten ansprechend und kontextorientiert sein, sodass sie positive Emotionen hervorrufen. Es gilt jedoch, eine optimale Balance zwischen Information und Emotion zu finden, denn das Ziel des Kunden, Informationen zu erhalten, sollte nicht aus den Augen verloren werden. Daher sollten Bilder in tieferen Ebenen, wo die Information meist im Vordergrund steht, sparsam eingesetzt werden.
Machen Sie es dem Kunden leicht, mit Ihnen in Kontakt zu treten. E-Mail-Kontakt, Adresse und Wegbeschreibung sollten an gut sichtbarer Stelle auf der Website aufrufbar sein. Am besten ist es, wenn die Kontaktdaten von jeder Seite aus verfügbar sind. Die einfache Kontaktaufnahme gilt als einer der Hauptvorteile des Internets.
Generell gilt es, die Navigation einfach und durchdacht zu gestalten. Im Idealfall sollte es nicht mehr als 6 bis 8 Unterpunkte geben. Untermenüs bieten die Möglichkeit, die Navigationsstruktur schlank zu halten. Generell gilt immer noch die 3-Klick-Regel, d. h., dass der Kunde nach spätestens drei Klicks zum Gesuchten vorgedrungen sein möchte. Sonst gibt er auf. Jedoch stehen nicht die drei Klicks im Vordergrund sondern der eindeutige Pfad mit klaren (Link)-Bezeichnungen. Wenn der Kunde also sicher ist, dass er auf dem richtigen Weg ist, gibt er auch nach 3 Klicks noch nicht auf.
Die Website ist kein Prospekt und auch keine gedruckte Broschüre, die meistens eine längere Gültigkeit haben müssen. Das bedeutet, dass der Kunde regelmäßige, auch kurzfristige Aktualisierungen auf der Website erwartet. Abgelaufene Termine zu Seminaren, Veranstaltungen etc. sind zu vermeiden, außer sie waren ein besonderes Highlight. Aber auch sonst erwartet der Kunde, dass er über das Web schneller informiert wird als über klassische Informationskanäle. Wenn der Kunde weiß, dass die Website regelmäßig aktualisiert wird, stellt dies für ihn einen Anreiz dar, die Website regelmäßig zu besuchen. Deshalb sind auch bereits für kleinere Webseiten Content Management Systeme / Redaktionssysteme wie Joomla! (OpenSourceMatters) oder Drupal (Drupal Association) empfehlenswert. Für größere Webseiten eignet sich z. B. TYPO3 (TYPO3 Association). Sie ermöglichen u. a. die direkte Bearbeitung der Webinhalte – auch durch mehrere Personen, die Trennung von Layout, Inhalt und Technik sowie die Automatisierung von zahlreichen Funktionen.
Zusammenfassend kann gesagt, werden, dass auch die Websites der Bibliotheken folgenden Ansprüchen genügen sollten: Sie sollten
hohen Informationsgehalt haben,
sowohl für den Kunden als auch für die Bibliothek einen Mehrwert stiften,
in alle Kommunikationsinstrumente integriert sein,
zur Kundengewinnung und –bindung beitragen,
den Kunden dazu auffordern, aktiv am Geschehen der Bibliothek teilzunehmen und Input an die Bibliothek geben zu können, z. B. durch ein Beschwerde- und / oder Ideenmanagementsystem, aber in verstärktem Maße durch Web 2.0-Technologien und soziale Netzwerke.
Die Barrierefreiheit von Webseiten ist heute Standard. Inzwischen wurde die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung vom 17. Juli 2002 (BGBl. I S. 2654) außer Kraft gesetzt und durch die Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung – BITV 2.0) vom 12.09.2011 ersetzt. (Bundesministerium der Justiz 2011) Trotzdem erfüllen längst noch nicht alle Seiten die Anforderungen. Unter „Einfach für Alle“ findet sich im Internet eine gute Übersicht über die Gesetze und Verordnungen zu diesem Thema (Aktion Mensch e. V. 2015a). Die Barrierefreiheit ist auf eine Vielzahl von Beeinträchtigungen und Behinderungen auszurichten, u. a. Sehbehinderung, Blindheit, motorische Beeinträchtigung, Hörbehinderung, Taubheit, Sprachprobleme, Lernprobleme, Lese- und Schreibschwäche sowie altersbedingte Beeinträchtigungen wie nachlassende Farbunterscheidungskraft und sinkende Wahrnehmungsflexibilität. Beachtet werden sollte auch, dass z. B. schnell rotierende, zappelnde oder blinkende Elemente bei bestimmten Nutzergruppen medizinische Probleme wie z. B. epileptische Anfälle auslösen können. Daran wird meist zuletzt gedacht, wenn es um die Erstellung von Webseiten geht. Aber auch dazu finden sich unter der Webseite „Einfach für Alle“ entsprechende Hinweise. (Aktion Mensch e. V. 2015b)
Die Gestaltung barrierefreier Internetseiten sollte daher nicht als ein lästiges Übel verstanden werden sondern zum einen als gestalterisches Element, zum anderen als Qualitätsmaßnahme. In diesem Sinne kann ein guter barrierefreier Internetauftritt auch als Online-Marketing verstanden werden. Nicht umsonst bezeichnet IBM seine Aktivitäten in diesem Bereich wie folgt: „It´s business, not charity.“ U. a. die WAI – Web Accessibility Initiative (2008) hat im Laufe der Zeit eine Reihe von Richtlinien herausgegeben, die helfen, den Zugang zum Internet barrierefrei zu gestalten. Einen guten Überblick über Barrierefreiheit im Internet liefern auch der Barrierekompass von anatom5 (www.anatom5.de), wo z. B. ein Test auf Barrierefreiheit angeboten wird, sowie das Buch von Hellbusch und Probiesch (2011).