Konrad Umlauf: Organisationsidentität, Leitbild, Marke: Grundbegriffe (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 3.2.1)
Jeder Betrieb besteht, neben den materiellen Gegebenheiten wie
Computern, Schreibtischen, Gebäuden, Telekommunikationsanlagen usw., vor allem
aus den Menschen, die dort arbeiten. Deshalb ist der Betrieb durch die
Beziehungen zwischen den Mitarbeitern strukturiert. Schon vor Jahrzehnten
entdeckte die Soziologie, dass es außer den betrieblich vorgesehenen Beziehungen
und Verhaltensweisen (formale Organisation mit Rangunterschieden,
Arbeitsteilung, Weisungsbefugnissen usw.) eine informelle Organisation gibt
beispielsweise mit anerkannten Autoritäten, die aber keine Vorgesetzten sind,
mit Vorgesetzten, die man auf dem Flur nicht grüßt, mit Gruppen und Cliquen, mit
der Buschtrommel, die rätselhafter Weise schneller als jede E-Mail funktioniert,
womöglich auch mit einer Abteilung, in der es üblich ist, die Frühstückspause
für eine effiziente Teambesprechung zu nutzen.
Die Gestaltung der informellen Organisation mit dem Ziel, sie für die
Ziele des Betriebs fruchtbar zu machen, ferner die Gestaltung des
Außenbeziehungen des Betriebs im Sinn ihrer Ziele werden mit dem Begriff
Organisationsidentität bezeichnet. Anders als bei soziologischer
Betrachtungsweise fließen in diesen Begriff handlungsorientierte
Sollvorstellungen ein. Dies ist bei auch beim Begriff Leitbild der Fall.
Die Organisationsidentität ist das gewollte Selbstverständnis der
Organisation. Aufgabe der Betriebsleitung ist es, dieses Selbstverständnis allen
Mitarbeitern zu vermitteln; im Idealfall hat die Leitung dieses
Selbstverständnis gemeinsam mit den Mitarbeitern erarbeitet – dies erfordert
einen innerbetrieblichen Prozess der Selbstverständigung, der in der
Formulierung eines Leitbildes (synonym: Organisationsmission, engl.: mission
statement, basic belief) gipfelt.
Ziel ist ein schlüssiges und widerspruchsfreies, ganzheitliches
Verhalten der Bibliothek bzw. Informationseinrichtung als Organisation und aller
ihrer Mitarbeiter sowie die Kohäsion aller Einzelentscheidungen. Bestandsprofil
und Dienstleistungen sollen entsprechend der Organisationsidentität gestaltet
sein.
Im Ansatz der Markenpolitik, wie er hier verstanden wird, prägt die
Organisationsidentität die Dienstleistungen nicht nur durch eine bündige
Bezeichnung (Markenname), durch ein unverwechselbares Logo (Markenzeichen) und
durch die visuelle Gestaltung, sondern führt auch zu einzigartiger Prägnanz der
Dienstleistung.
Die Elemente der Organisationsidentität sind die folgenden; sie
werden in Schaubild 1 zusammengefasst:
- –
die Organisationskultur, das sind die Normen, Werte,
Einstellungen der Mitarbeiter. Sie äußern sich im Verhalten der
Mitarbeiter (corporate behaviour),
- –
die Organisationskommunikation, die organisationsspezifische
Nachrichtengestaltung in inhaltlicher und formaler Art,
- –
das Organisationsdesign, das visuelle Erscheinungsbild
(corporate design),
- –
das Organisationsimage, die Gesamtheit der subjektiven
Vorstellungen über die Bibliothek bei Mitarbeitern, übergeordneten
Instanzen, Zielgruppen und Partnern.
Schaubild 1: Organisationsidentität, Leitbild, Marke

Leitbild und Organisationsidentität beziehen sich in der Regel auf
eine Bibliothek bzw. Informationseinrichtung und ggf. auf die Filialen.
Problematisch ist ein Leitbild für eine Gruppe von Bibliotheken ohne
organisatorischen Zusammenhalt, weil es an der Möglichkeit der konsistenten
Gestaltung der Organisationsidentität fehlt.
Markenpolitik dagegen kann sich sowohl auf einzelne Dienstleistungen
wie auf einzelne Bibliotheken oder Bibliothekssysteme beziehen, auch auf
kooperativ erstellte Dienstleistungen oder Gruppen von Bibliotheken
(Dachmarke).