Ulrich Naumann und Konrad Umlauf: Personalbedarf: Ein Überblick (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2012, Abschn. 4.3.1)
Der Personalbedarf einer Bibliothek bemisst sich nach dem Umfang
aller Aufgaben, die erledigt werden müssen. Hierzu gehören sowohl die zu
verrichtenden Prozessaufgaben als auch die dispositiven, leitungsbezogenen
Aufgaben. Wie viel Personal braucht eine Bibliothek, wie viel Personalstellen
sollen ihr zugestanden werden, damit sie diese Aufgaben erfüllen kann? Über
diese Frage besteht zwischen Bibliotheken und Unterhaltsträgern traditionell ein
Dissens. In der Regel fordern die Bibliotheken mehr Personal als der
Unterhaltsträger gewährt. Hintergrund ist, dass bei den Unterhaltsträgern über
die Personalausstattung haushaltspolitisch entschieden wird, während die
Bibliotheken Forderungen nach Personalausstattung auf dem Hintergrund von
Erfahrungen, Bibliothekszielen und erkanntem Bedarf der Kunden anmelden.
Berechnungen des Personalbedarfs müssen dennoch vorgenommen werden, um
den
Unterhaltsträgern plausibel machen zu können, dass die Bedarfsanmeldungen auf
einer realistischen und nachvollziehbaren Grundlage beruhen.
Anders ist die Situation in Einrichtungen, die ihre Mittel – auch die damit
mögliche Personalausstattung – selbst erwirtschaften. Hier muss der Preis der
Dienstleistung so kalkuliert werden, dass die Kosten einschließlich der
Personalkosten mindestens gedeckt werden – auf diesem erwerbswirtschaftlichen
Hintergrund werden für die potenziellen Kunden zu teure Dienstleistungen dann
nicht angeboten.
Dienstleistungen von Bibliotheken, die aus Steuermitteln finanziert werden, sind
indessen weitgehend nicht marktfähig – andernfalls würde und sollte die
öffentliche Hand die Dienstleistungserzeugung dem Markt überlassen. Es handelt
sich bei ihnen um klassische „Aufwandswirtschaften“, die nur existenzfähig sind,
wenn der weit überwiegende Teil der von ihnen benötigten finanziellen
Ausstattung aus Steuergeldern aufgebracht wird. In den Bibliotheken liegt
unabhängig vom Typ (Öffentliche oder wissenschaftliche Bibliothek) der
Zuschussbedarf in der Regel bei über 90 %. Wenn man zugleich berücksichtigt,
dass die Personalkosten in den Bibliotheken
zwischen 65 und 70 % der Gesamtkosten liegen, ist das Bemühen der
Unterhaltsträger um eine minimale Personalausstattung verständlich, da im Abbau
von vermeintlichen Überkapazitäten erhebliche Einsparpotentiale liegen
können.
Nach einer übersichtlichen Einteilung von Zemke (2009, S. 56–58) gibt es vier
Komponenten, die bei der Ermittlung des Personalbedarfs berücksichtigt werden
müssen:
Die quantitative Komponente: Hier wird nach der
Anzahl der Mitarbeiter gefragt, die für die Bewältigung der geplanten
Aufgaben bereitgestellt werden müssen.
Die qualitative Komponente: Hier wird nach den notwendigen
Qualifikationen für die Aufgabenerfüllung gefragt und zugleich
analysiert, ob für den erforderlichen Personalbedarf
Qualifizierungsmaßnahmen des vorhandenen Personals erforderlich sind –
letztlich eine Einzelbetrachtung des vorhandenen Mitarbeiterstamms und
Fragen der personellen Verstärkung in benötigten Qualifikationen.
Die intralokale Komponente: Sie bezieht sich auf die einzelne zu
verrichtende Aufgabe oder ein zusammenhängendes Aufgabenbündel und
ermöglicht eine abteilungsorientierte Abschätzung des
Personalbedarfs.
Die zeitliche Komponente: Sie bezieht sich auf den Planungshorizont der
Personalbedarfsberechnung. Je kürzer dieser Zeitraum gewählt ist, desto
genauer kann der Personalbedarf in diesem Zeitraum abgeschätzt werden.
Jedoch sollten auch mittelfristige und langfristige Planungshorizonte
berücksichtigt werden, um das dann notwendige Potenzial allmählich zu
entwickeln.
Im Folgenden stehen Methoden der quantitativen Personalbedarfs-Ermittlung und der
Begründung von Forderungen nach Personalstellen im Mittelpunkt.