Arne Upmeier: Die Ausleihe (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2015, Abschn. 10.2.9)
Urheberrechtlich ist die Leihe von Medien eine Verbreitungshandlung nach § 17 Abs. 1 UrhG. Das Verbreiten zählt zu den ausschließlichen Verwertungsrechten eines Urhebers (§ 15 Abs. 1 UrhG). Demzufolge ist das Verleihen dem Grundsatz nach nur mit Zustimmung des Urhebers/Berechtigten statthaft. Gemäß § 17 Abs. 2 und § 69c UrhG erschöpft sich das Verbreitungsrecht, wenn das Original oder Vervielfältigungsstück mit Zustimmung eines Urhebers oder eines anderen Berechtigten in den Verkehr gebracht wird. Deshalb können Medien, die gekauft wurden bzw. Schenkungen, die man auch käuflich erwerben kann oder konnte, ohne Zustimmung eines Berechtigten weiterverbreitet werden. Für die massenhafte Verbreitung regelt § 27 UrhG den Interessenausgleich, indem der Gesetzgeber für das Verleihen durch öffentlich zugängliche Einrichtungen wie Bibliotheken eine Entschädigung (Bibliothekstantieme) einführte. Diese wird durch Bund und Länder an die Verwertungsgesellschaften auf der Grundlage eines Gesamtvertrages entrichtet. Die Bibliothekstantieme entspricht derzeit in etwa 4 Cent pro Ausleihe eines Buches oder 8 Cent für alle anderen Medien („Non-Books“).
Verliehen werden dürfen nicht nur Bücher, sondern auch alle anderen Medien auf physischen Trägern, also beispielsweise Spiele, Kunstwerke, DVDs, CDs etc. Für Betriebssysteme und Standardsoftware wie etwa Microsoft Office-Programme gibt es allerdings eine Selbstverpflichtung der Bibliotheken, diese nicht in den Verleih zu nehmen.
Sehr häufig befinden sich auf CDs, CD-ROMs und DVDs Aufdrucke „das Verleihen ist nicht gestattet“, obwohl das Medium zum Kauf angeboten wird. Dieser Aufdruck hat keine Rechtswirkung für Bibliotheken und Informationseinrichtungen, wenn die Medien unentgeltlich verliehen werden. Nach der Begründung zu § 27 UrhG ist die Ausleihe auch dann unentgeltlich, wenn dafür Gebühren oder Entgelte erhoben werden, soweit diese nicht die Kostendeckungsgrenze überschreiten. Ebenso haben die meisten sogenannten Schutzhüllenverträge keine Rechtsbindung.
Das Überspielen von Texten und Daten auf einen E-Book-Reader stellt eine Vervielfältigungshandlung dar. Diese muss entweder durch einen Lizenzvertrag eingeräumt sein oder es muss eine der oben dargestellten (10.2.1) gesetzlichen Erlaubnisse greifen.
Bei der „Onleihe“, also der Bereitstellung von E-Medien ohne physischen Träger als Download oder Streaming für eine gewisse „Leihfrist“, handelt es sich um keine Ausleihe im Sinne von §§ 17 Abs. 2, 27 Abs. 2 UrhG. Sie ist somit auch nicht Gegenstand des Gesamtvertrags mit der VG Wort. Rechtlich ist eine „Onleihe“ nur mit Zustimmung der Rechteinhaber möglich. Viele Verlage haben mit der DiviBib GmbH der ekz- Gruppe oder der Firma OverDrive Verträge geschlossen, die es Bibliotheken gestatten, gegen Zahlung Werke aus dem jeweiligen Verlagsprogramm im Rahmen der „Onleihe“ zu verleihen.
Zusammenfassung zur Ausleihe
Das Verleihen käuflich zu erwerbender Medien auf physischen Trägern, selbst wenn diese elektronisch sind (USB-Stick, CD-ROM, DVD etc.), ist nach dem Erschöpfungsgrundsatz ohne Zustimmung zulässig.
Computerprogramme dürfen ebenfalls entliehen werden, wenn es sich nicht um Betriebssysteme und Standardsoftware handelt.
Bei der „Onleihe“, also der Bereitstellung von E-Medien ohne physischen Träger als Download oder Streaming für eine gewisse „Leihfrist“, handelt es sich um keine Ausleihe im Sinne von §§ 17 Abs.2, 27 Abs. 2 UrhG.
Medien, die nicht mit Zustimmung der Berechtigten in den Verkehr gebracht wurden, wie z. B. Briefe und andere Handschriften, sowie Medien, an denen kein Eigentum erworben wird (Lizenz- bzw. Nutzungsverträge), dürfen nicht ohne ausdrückliche Zustimmung verliehen werden.
Für das Entleihen durch die der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtungen entrichten Bund und Länder die Bibliothekstantieme auf der Grundlage der Deutschen Bibliotheksstatistik. Die immer wieder von einigen Anbietern direkt bei der Bibliothek geforderte Ausleihgebühr ist nicht durch die Bibliotheken zu entrichten!