Konrad Umlauf: Strategisches Management: Kostenstrukturanalyse (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2013, Abschn. 3.3.4)
Die Frage richtet sich darauf, bei welchen Kostenarten am ehesten Potenziale der Kostensenkung bzw. der Umschichtung der Haushaltsmittel bestehen. Die Kostenstrukturanalyse macht fast nur bei flexibilisierten Haushaltsmitteln einen Sinn. Bei unflexiblen, klassisch-kameralistischen Haushaltsplänen braucht es mehrere Jahre, verbunden mit hohen Risiken von fachlich fragwürdigen Eingriffen seitens des Unterhaltsträgers, um entsprechende Umschichtungen zu erreichen.
Das Vorgehen lässt sich wie folgt skizzieren:
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Zunächst wird die aktuelle Kostenstruktur nach Kostenarten dargestellt:
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Personalkosten, ggf. differenziert nach Personalgruppen wie Angestellte, Beamte; Angelernte, FaMIs, Bachelor-Bibliothekare, Master-Bibliothekare, Verwaltungskräfte
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Raum-, Gebäude-, Energiekosten
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Erwerbung, Lizenzierung
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IT-Dienstleistungen
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Verbrauchsmaterial
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Sonstiges.
Die eigene Kostenstruktur wird mit Durchschnittswerten vergleichbarer Bibliotheken oder mit solchen Bibliotheken verglichen, die als vorbildlich gelten. Die Daten entnimmt man den Haushaltsplänen. In vielen Fällen, besonders bei budgetierten bzw. Globalhaushalten, muss man sie erfragen.
Aus auffälligen Abweichungen ergeben sich Potenziale für Kostensenkungen bzw. Umschichtungen im eigenen Haushalt.
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Oder man leitet Potenziale aus Zielen ab wie:
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Die Mittel für Erwerbung und Lizenzierung sollen gesteigert werden.
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Der Personaleinsatz im Publikumsbereich soll gestärkt werden, um eine bessere Dienstleistungsqualität zu erreichen.
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Raum-, Gebäude-, Energiekosten sollen gesenkt werden.
Klassische sowie leicht und rasch realisierbare Mittel zu Verbesserung der Kostenstruktur sind:
Einsatz von Fremdleistungen im Bereich Fachreferat bzw. Lektorat (Approval Plans, Standing Orders),
Einsatz von Fremdleistungen im Bereich Erschließung (Anwendung von Standard-Klassifikationen, für die Fremddaten erhältlich sind; Übernahme von Katalogisaten),
Einsatz von Fremdleistungen im Bereich Medienbearbeitung (Foliierung, Bucheinband, Signaturschilder),
Outsourcing von Dienstleistungen. Echtes Outsourcing ist im Bibliotheksbereich selten, zumal infolge einer rechtlichen Verselbstständigung ehemaliger eigener Betriebsteile die Arbeits- und Tarifkonditionen des öffentlichen Dienstes mindestens vorläufig erhalten bleiben, so dass die Vorteile gering sind. Eher handelt es sich um Personalabbau, der durch Auftragserteilung an externe Dienstleister aufgefangen wird, z.B. im Bereich Buchbinderei.
Absenkung der Raumtemperatur auf ein für die Mitarbeiter und Benutzer noch akzeptables Maß. Beiden ist zuzumuten, dicke Pullover zu tragen.
Eine Variante der Kostenstrukturanalyse
bezieht sich ausschließlich auf das Personal,
verzichtet auf Kostengrößen und rechnet mit Arbeitsstunden,
richtet das Augenmerk auf das Verhältnis von Frontoffice- zu Backoffice-Stunden.
Frontoffice-Stunden sind die Zeiten, zu denen das Personal mit Aufgaben im unmittelbaren Publikumskontakt wie den folgenden beschäftigt ist. Der Kontakt muss nicht die physische Präsenz der Benutzer einschließen; es kann sich um Dienstleistungen am Telefon, via E-Mail, Chat oder andere virtuelle Dienste handeln.
Verbuchung, Ortsleihe, Ausgabe und Rücknahme von Bestellungen für den Lesesaal, Entgegennahme und Ausgabe von Fernleihbestellungen, Leihfristverlängerungen, Benutzeranmeldungen, Beschwerdemanagement, Erst- und Orientierungsauskünfte. Einstellen, Ausheben und Regalordnung gehören zum Backoffice.
Auskunfts- und Beratungsdienst, Aufsicht,
Durchführung von Veranstaltungen aller Art. Die Planung und Vorbereitung von Veranstaltungen gehört zum Backoffice.
Die Frontoffice-Stunden werden geschätzt oder mit der Methode der Arbeitszeitermittlung durch Selbstaufschreibung erhoben (siehe Abschnitt 4.3.2). Wenn man vergleichbare Bibliotheken um Daten bittet, muss man sehr detailliert deutlich machen, welche Aufgaben zum Front- bzw. Backoffice gerechnet werden.
Backoffice-Stunden werden als Differenz zwischen der gesamten Personalkapazität und den Frontoffice-Stunden (jeweils auf Basis einer durchschnittlichen Woche) errechnet.
Ziel der Frontoffice-Backoffice-Analyse ist, Potenziale zu finden den Frontoffice-Einsatz auszuweiten,
um Öffnungszeiten zu verlängern,
um während der Öffnungszeiten Wartezeiten zu reduzieren und eine dichtere Beratung zu erlauben,
um mehr Kurse zur Vermittlung von Informationskompetenz anzubieten.