Arne Upmeier: Urheberrecht: Die öffentliche Zugänglichmachung (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2018, Abschn. 10.2.5)
Soweit die Wiedergabe in Netzen vorgenommen wird, handelt es sich im Sinne des UrhG um eine „öffentliche Zugänglichmachung“ (§19a UrhG). Der Öffentlichkeitsbegriff definiert sich nach dem WIPO-Urheberrechtsvertrag, der EU-Urheberrechtsrichtlinie in § 15 Abs. 3 UrhG. Öffentlich ist danach jede Wiedergabe, die an eine Mehrzahl von Personen der Öffentlichkeit gerichtet ist, die mit dem zur Nutzung Berechtigten nicht persönlich verbunden sind. Das Recht der Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) definiert jede Zugänglichmachung an Mitglieder der Öffentlichkeit von einem Ort und zu einem Zeitpunkt ihrer Wahl als eine zustimmungsbedürftige Handlung. Damit bedarf grundsätzlich jedes Einstellen eines urheberrechtlichen Werkes zum Abruf aus einem Bibliotheksnetz (auch Intranet) der Zustimmung des Rechteinhabers. Es gibt jedoch einige gesetzliche Erlaubnisse, die die Zugänglichmachung auch ohne Zustimmung gestatten.
Öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und wissenschaftliche Forschung
Als gesetzliche Erlaubnis wird in § 60a Abs. 1 und § 60c Abs. 1 UrhG die Zugänglichmachung im Rahmen des Unterrichts und der Lehre sowie zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung gestattet, soweit es sich um einen bestimmt abgegrenzten Kreis handelt und kein mittelbarer und unmittelbarer wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird.
Es ist gestattet, im Unterricht (auch Fernunterricht, E-Learning, Vorlesung, Seminar, Kurs) oder zur wissenschaftlichen Forschung (auch hochschulübergreifende Forscherteams) ohne Zustimmung des Rechtsinhabers bis zu 15 % eines Werkes, komplette einzelne Beiträge aus wissenschaftlichen Zeitschriften oder Fachzeitschriften, Werke geringen Umfangs (Bilder, Fotos, Abbildungen, Broschüren bis 20 Seiten) sowie ganze vergriffene Werke an einen konkret bestimmten Kreis von Unterrichtsteilnehmern zugänglich zu machen, wenn kein wirtschaftlicher Zweck damit verfolgt wird. Erlaubt ist sowohl die Zugänglichmachung im Intranet („digitaler Semesterapparat“, Moodle-, Ilias oder StudIP-Kurs etc.) als auch die Zugänglichmachung im Hörsaal, Labor oder Klassenzimmer.
Soweit die Zugänglichmachung gestattet ist, ist auch im gleichen Rahmen die Vervielfältigung erlaubt. Die Vergütung für diese Werknutzungen wird bis auf weiteres von Bund und Ländern getragen. Es gibt keine Meldepflichten einzelner Werknutzungen an eine Verwertungsgesellschaft.
§ 52 a UrhG findet keine Anwendung auf Schulbücher, die im Rahmen des Schulunterrichts genutzt werden. Nicht erlaubt ist die Nutzung von ganzen Artikeln (mehr als 15 %) aus Zeitungen oder Pressezeitschriften.
Elektronische Wiedergabe von Bibliotheksbeständen an Terminals
Bibliotheken, Archiven, Museen und Bildungseinrichtungen ist es nach § 60e Abs. 4 UrhG gestattet, ihre Bestände zu digitalisieren und in ein Netz einzuspeisen, ohne dass es einer Zustimmung durch den Rechteinhaber bedarf. Der Abruf dieser Werke im Netz darf ausschließlich in den Räumen der Bibliothek stattfinden. Die jeweilige Einrichtung hat dabei – soweit mit verhältnismäßigem Aufwand machbar – technisch sicherzustellen, dass nicht mehr als 10 % des jeweiligen Werkes ausgedruckt oder abgespeichert werden können. Aufsätze aus wissenschaftlichen Zeitschriften, Werke geringen Umfangs (insb. Abbildungen) und verwaiste Werke dürfen auch ohne Kopierbeschränkung angezeigt werden. Für § 60e Abs. 4 UrhG wird eine Vergütung geschuldet, die in einem Rahmenvertrag zwischen den Verwertungsgesellschaften und der Kultusministerkonferenz fest ausgestaltet ist. Schuldner ist hierbei die anwendende Bibliothek.