Klaus Rischar: Vorlage sämtlicher Bewerbungsunterlagen beim Betriebsrat (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und
Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2011, Abschn. 6.2.3.1)
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Bewerbung um einen konkreten Arbeitsplatz
Bewerber ist nicht jeder Arbeitnehmer, der geeignet ist,
einen bestimmten Arbeitsplatz zu besetzen. Wie das BAG mit
Entscheidung vom 10.11.1982 – 1 ABR 21/92 – verdeutlicht, ist
darüber hinaus die dem gegenüber dem Arbeitgeber erklärte
Bereitschaft zum Einsatz auf einem bestimmten Arbeitsplatz
erforderlich. §§ 99
I und II
BetrVG sprechen außer von „Bewerbungsunterlagen“ und von
„Auskünften über die Person der Beteiligten“ von dem „in Aussicht
genommenen Arbeitsplatz“ und von der „vorgesehenen Eingruppierung“.
Der Gesetzgeber setzt also voraus, dass die geplante Maßnahme des
Arbeitgebers einen konkreten Arbeitsplatz und eine bestimmte
Eingruppierung betrifft, und sich dafür ggf. mehrere Personen
bewerben. Im Rahmen des § 99 I
BetrVG setzt die Eigenschaft als Bewerber voraus, dass ein
Anbahnungsverhältnis zum Arbeitgeber für einen konkreten
Arbeitsplatz besteht.
Blindbewerbungen sind deshalb keine Bewerbungen.
Der Bewerber für einen bestimmten Arbeitsplatz ist daher
nicht zugleich Bewerber für andere, zeitgleich oder künftig zu
besetzende Arbeitsplätze, es sei denn, er gibt dem Arbeitgeber
gegenüber deutlich zu erkennen, dass er seine Bewerbung auch für
andere Arbeitsplätze gelten lassen will (so LAG Hamm 29.10.1991 – 13
TaBV 55/91). Der Arbeitgeber genügt daher seiner
Unterrichtungspflicht nach § 99 I
BetrVG, wenn er dem Betriebsrat alle Bewerbungsunterlagen
der Personen vorlegt, die auf einem bestimmten Arbeitsplatz
beschäftigt werden wollen.
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Keine Bewerbung
Kein Bewerber ist jeder, der nicht das Anforderungsprofil
erfüllt.
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Einsatz eines Personalberaters
Beauftragt der Arbeitgeber ein
Personalberatungsunternehmen, ihm geeignete Bewerber zur Einstellung
auf einen bestimmten Arbeitsplatz vorzuschlagen, beschränkt sich die
Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nach § 99 I
BetrVG auf die Personen und deren Bewerbungsunterlagen, die
ihm das Personalberatungsunternehmen genannt hat. Beauftragt der
Arbeitgeber ein Personalberatungsunternehmen, ihm einen geeigneten
Bewerber vorzuschlagen und ist der Arbeitgeber entschlossen, bereits
den ersten vorgeschlagenen Bewerber einzustellen, so muss er dem
Betriebsrat auch nur die Unterlagen dieses einen Bewerbers vorlegen.
(BAG 18.12.1990 – 1 ABR 15/90)
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Begriff der Bewerbungsunterlagen
Nur die „erforderlichen“ Bewerbungsunterlagen sind dem
Betriebsrat vorzulegen. Das sind Unterlagen, die der Bewerber bei
seiner Bewerbung einreicht und die der Betriebsrat kennen muss, um
seine Entscheidung gem. § 99
II BetrVG treffen zu können. Zu diesen Unterlagen gehören
nicht ein polizeiliches Führungszeugnis und das Ergebnis einer
ärztlichen Untersuchung. (LAG Hamburg 30.04.1975 – 5 TaBV 1/75)
Beispiele für Bewerbungsunterlagen:
Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat auch unterrichten
über die
Es genügt die Bereitschaft des Arbeitgebers nicht, dass
der Betriebsrat jederzeit in die Personalakten der Bewerber einsehen
könne, erst recht nicht, wenn es sich nur um die von ihm
ausgewählten handelt. Außerdem steht nicht fest, dass die
Bewerbungsschreiben und Ergebnisse der Übungen und Interviews Teil
der Personalakte der Bewerber geworden sind.
Als erforderliche Bewerbungsunterlagen sind neben den von
den Bewerbern selbst eingereichten auch solche Unterlagen anzusehen,
die erst der Arbeitgeber anlässlich der Bewerbung über die Person
des Bewerbers erstellt hat, wie
Zu den vorlagepflichtigen Bewerbungsunterlagen gehören
auch Unterlagen, die der Arbeitgeber erst im Rahmen des
Bewerbungsverfahrens über die Bewerber hergestellt hat. Dazu mag
nicht notwendig jede Aufzeichnung zählen, die sich der Arbeitgeber
anlässlich eines Auswahlgesprächs als Kurznotiz gemacht hat.
Aufzeichnungen sind wegen eines nicht auszuschließenden Einflusses
auf die Auswahlentscheidung aber vorzulegen, wenn sie bis zum
Abschluss des Auswahlverfahrens aufbewahrt wurden. Der Betriebsrat
soll nach Maßgabe des Grundsatzes der vertrauensvollen
Zusammenarbeit in § 2
BetrVG und des den Regelungen in § 80
II S. 1 und 2
BetrVG zugrunde liegenden Rechtsgedankens bei der
Wahrnehmung seiner Aufgaben den gleichen Informationsstand besitzen
wie der Arbeitgeber.
Ausnahme: Vom Bewerber beigefügte umfangreiche Anlagen,
falls sich aus ihnen lediglich Bestätigungen für ohnehin im
Lebenslauf mitgeteilte Umstände und Daten ergeben. Der Arbeitgeber
überträgt die aus den Unterlagen ersichtlichen Daten und Angaben in
eine selbst erstellte Übersicht. (vgl. BAG 19.05.1981 – 1 ABR
109/78; zuletzt BAG 14.12.2004)
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Vorlage aller Bewerbungsunterlagen
Hat der Bewerber um „vertrauliche Behandlung“ seiner
Bewerbung gebeten, darf der Arbeitgeber gleichwohl diese Unterlagen
an den Betriebsrat weitergeben, weil dessen Mitglieder zur
Verschwiegenheit verpflichtet sind ( § 99 I
S. 3 BetrVG). Wünscht der Bewerber ausdrücklich, dass alle
oder einzelne Unterlagen nicht an den Betriebsrat weitergeleitet
werden, darf der Arbeitgeber diesem Wunsch nicht entsprechen, sofern
die Unterlagen für die Einstellung bedeutsame Tatsachen enthalten
(z.B. mitteilungspflichtigte Schwangerschaft oder Vorstrafe). In
diesem Fall muss der Arbeitgeber, wenn er den Bewerber über die
Folgen seines Wunsches informiert hat und der Bewerber seine Meinung
nicht ändert, die Bewerbungsunterlagen wegen Unmöglichkeit der
Einstellung zurücksenden. Zur Information des Betriebsrats ist er
weder berechtigt noch verpflichtet. Wünscht der Bewerber, dass eine
für die Einstellung nicht bedeutsame Tatsache oder Eigenschaft dem
Betriebsrat nicht mitgeteilt wird, ist der Arbeitgeber verpflichtet,
diesem Wunsch zu folgen.
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Überlassung der Unterlagen an den
Betriebsrat/Personalrat
Die Bewerbungsunterlagen sind dem Betriebsrat vorzulegen,
d.h. ihm ist Gelegenheit zur Einsichtnahme zu geben. (BAG 03.12.1985
– 1 ABR 72/83)
Der Begriff „Vorlegen“ umfasst auch die Verpflichtung,
dem Betriebsrat die Bewerbungsunterlagen auszuhändigen und bis zur
Beschlussfassung über den Antrag auf Zustimmung längstens für eine
Woche zu überlassen.
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Beginn der Überlegungsfrist des
Betriebsrats/Personalrats
Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat nach § 99 I
S. 1 BetrVG ordnungsgemäß zu unterrichten, wenn er dessen
Zustimmung zur Einstellung einholt. Ohne die gesetzlich
vorgeschriebene Unterrichtung läuft die Wochenfrist des § 99
III BetrVG in der Regel nicht. (BAG 28.01.1986 – 1 ABR
10/84) Eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats kann nicht
erfolgen. Durch eine offensichtlich unvollständige Unterrichtung des
Betriebsrats wird die Wochenfrist des § 99
III BetrVG auch dann nicht in Gang gesetzt, wenn der
Betriebsrat zum Zustimmungsersuchen des Arbeitgebers in der Sache
Stellung nimmt.
Nach Auffassung des BAG spricht viel dafür, dass der
Betriebsrat den Arbeitgeber innerhalb der Wochenfrist auf die ihm
bekannten Mängel bei der Unterrichtung hinweisen muss. Ergänzt der
Arbeitgeber seine Unterrichtung, setzt er damit eine neue
Wochenfrist in Lauf.