Ladina Tschander: Open Science (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2015, Abschn. 8.3.3)
Open Science treibt in den letzten Jahren die Hochschulbibliotheken an, sich neu auszurichten, das Berufsbild zu überdenken und Personal mit mehr IT-Kompetenzen einzustellen. Nach Gerdes umfasst Open Science fünf zentrale Apsekte, zu welchen die Bibliotheken in unterschiedlicher Intensität etwas beitragen können. Neben Open Educational Resources bilden Open Access und Open Data den eigentlichen Kern von Open Science, mit welchem Open Metrics und Open Peer Review eng verbunden sind.
Abb. 8 Elemente von Open Science nach Gerdes (2018)Zentral für die Messung des wissenschaftlichen Outputs sind Kennzahlen, die mit bibliometrischen Verfahren gewonnen werden. In offenen Metriken sollten die Auswahlkriterien der Datenquellen offengelegt werden sowie die Berechnungsformel und verwendete Software. Als Beispiel wird mancherorts Altmetrics angegeben. Dies sind Verfahren, die die Rezeption wissenschaftlicher Publikation in den sozialen Medien messen. Aber in den altmetrischen Verfahren ist die Auswahl und Gewichtung der Daten nicht immer nachvollziehbar, weshalb sie mehr als Ergänzung zu den bestehenden Metriken zu werten sind.
Mit Open Peer Review wird angestrebt, die Qualitätssicherung für wissenschaftliche Publikationen transparenter zu gestalten. Die Begutachtung von wissenschaftlichen Texten durch Fachkollegen und -kolleginnen hat eine lange Tradition. Ulrich Herb zeigt auf, dass es verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten bei den Gutachten gibt. Diese können zugänglich gemacht werden, wodurch eine offene Interaktion zwischen Autoren und Gutachterinnen zustande kommen kann. Nach der Veröffentlichung können auch die Rezipienten kommentieren und so den Diskurs weitertreiben.
Im Zentrum bei Citizen Science steht weniger die Interaktion zwischen den Forschenden oder das Offenlegen von Daten, sondern die Frage, wie die Öffentlichkeit aktiver in die Wissenschaft einbezogen werden kann. War im 18. Jahrhundert das Sammeln von Daten (insbesondere im Bereich Ornithologie und Astronomie) durch Nicht-Wissenschaftler verbreitet, wurde die Öffentlichkeit im 19. Jahrhundert immer mehr von der Wissenschaft ausgeschlossen. Die aktuellen Citizen-Science-Projekte nutzen das Potenzial der Laien-Forschenden, um Daten sammeln und klassifizieren zu lassen. Aus der Interaktion zwischen Bürger und Bürgerinnen und den Wissenschaftlern können neue Fragestellungen entstehen. Insgesamt wird mit dem Einbezug die Legitimität von Wissenschaft in der Öffentlichkeit erhöht.
Im Nukleus von Open Science steht Open Access und vor allem Open Data. In Forschungs- und Citizen-Science-Projekten werden Daten erhoben, die interpretiert, analysiert oder in anderer Art und Weise bearbeitet werden. Sie bilden die Grundlage der Forschung. Mit der Forderung nach mehr Transparenz der Wissenschaften rückten die Forschungsdaten in den Fokus.
Von zentraler Bedeutung für die Wissensvermittlung, auch bei der digitalen Vermittlung von Wissen, sind alle Medien, die die Bibliothek zur Verfügung stellt. Traditionellerweise sind dies Publikationen in gedruckter oder elektronischer Form. In jüngerer Zeit werden diese ergänzt durch Lernplattformen, Repositories, Lehrressourcen, die frei verfügbar sind, E-Learning-Kurse, Tutorials u. v. m.
Es hört sich ganz selbstverständlich an, dass die Teaching Library gedruckte Lehrbücher, lizenzierte Online-Kurse, Übungshefte und Online-Trainings-Programme etc. zur Verfügung stellt. Aber mit der Digitalisierung kommen weitere Inhalte dazu.
Viele Lerner und Forschende brauchen im Kontext anspruchsvoller Lern- und Wissensgenerierungsprozesse Primärdaten (und nicht nur Lehrbücher, Forschungsliteratur oder Fachaufsätze), beispielsweise Gesetze und Verordnungen oder Karten und Pläne oder Fakten über Werkstoffeigenschaften oder historische Quellen aus Archiven. Es kommt also darauf an, diese Primärdaten ebenso zur Verfügung zu stellen wie Lernmaterialien im klassischen Sinn. Mit dem Medienwandel passen sich Bibliotheken durch die Entwicklung neuer Dienstleistungen und Services den sich ändernden Anforderungen an und übernehmen neue Funktionen.
Seit mehreren Jahrzehnten ist das wissenschaftliche Publizieren in Bewegung, da mit dem Internet neue Publikationswege entstanden sind, die die konventionellen Rollenteilungen im Wissenschaftsbetrieb aufbrechen und in Frage stellen. Die Wissenschaftskommunikation ist durch Open Access komplexer und Open Science diverser geworden, weshalb Beratungsdienste zum Publizieren an Universitäten, Forschungseinrichtungen oder Hochschulen benötigt werden.
Open Educational Resources
Ladina Tschander: Open Educational Resources (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2015, Abschn. 8.3.3.1)
Als Open Educational Resources (OER) werden freie Lehr- und Lernmaterialien jeglicher Art und in jedem Medium bezeichnet, die unter einer offenen Lizenz, z. B. den Creative Commons, veröffentlicht werden. OER können einzelne Materialien, aber auch komplette Kurse oder Bücher umfassen. Jedes Medium kann verwendet werden: Lehrpläne, Kursmaterialien, Lehrbücher, Streaming-Videos, Multimedia-Anwendungen, Podcasts – all diese Ressourcen sind OER, wenn sie unter einer offenen Lizenz veröffentlicht werden. Offene Lizenzen ermöglichen es, dass Interessierte jederzeit für die eigene Nutzung, Bearbeitung oder Weiterverbreitung auf OER zugreifen und diese bearbeiten können. Im weiteren Sinne sind OER also Bildungsinhalte, die offen in einem doppelten Sinn sind: Sie sind frei zugänglich und dürfen frei verwendet werden.
Mit ihrer Veränderbarkeit und Anpassbarkeit sind OER geeignet, das Lernmedium für das 21. Jahrhundert zu werden. Wissen verändert sich rasant. OER können dies abbilden, weil sie laufend aktualisierbar sind und somit neue Erkenntnisse und Entwicklungen sehr schnell in die Lehr- und Lernmaterialien einfließen lassen. Offene Informationen helfen im Alltag, Wissen zu überprüfen und neues Wissen zu erschließen.
OER hatten ihren Durchbruch in Deutschland im Jahr 2012. Von da an tragen unterschiedliche Akteure und Initiativen das Thema in die breitere Öffentlichkeit. Unterschiedliche Fördermaßnahmen zielen darauf ab, OER und die mit ihnen verbundenen Potenziale sichtbarer zu machen. Kompetenzen zur Nutzung, Erstellung und Verbreitung von OER sollen unterstützt und damit eine breite Verankerung von OER in Deutschland erreicht werden.

Überblick über die Hauptkomponenten, die die OER-Entwicklung in Deutschland beeinflussen (aus Orr, Dominic, Jan Neumann, und Jöran Muuß-Merholz. OER in Deutschland: Praxis und Politik. Bonn: Deutsche UNESCO-Kommission e. V. (DUK), 2018: 9)
Bibliotheken haben sich zwar in den letzten Jahren als wichtige Befürworter von OER hervorgetan und die Bottom-up-Verbreitung vorangetrieben. Dennoch ist die Ausweitung von OER noch ausbaufähig. Noch sind die offenen Ressourcen zu wenig in den Bibliotheken integriert. Ziel sollte sein, durch den Aufbau von Repositorien für OER die Lücke zwischen den historischen Bibliothekskurationspraktiken und dem potentiellen Nutzen der Technologien des 21. Jahrhunderts zu überbrücken.
OER in Bibliotheken
Ladina Tschander: OER in Bibliotheken (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2015, Abschn. 8.3.3.1.1)
Um eine grössere Aufmerksamkeit für OER evozieren zu können, müssen Bibliotheken als Partner und Unterstützer von Bildungseinrichtungen frei lizenzierte Lehr- und Lernmaterialien noch stärker in den Fokus rücken, da das Bewusstsein um der Bedeutung von OER für eine inklusive Bildungs- und Wissenschaftsgesellschaft noch unterentwickelt ist. Bibliotheken sollten daher eine Scharnierfunktion zwischen Nutzern und Anbietern offener Bildungsressourcen einnehmen.
Bibliotheken können als Vermittler zwischen Studierenden und Lehrenden sowie zwischen Produzenten und Nutzern von OER fungieren. Voraussetzung dafür ist, dass Bibliotheken sich ihrem Selbstverständnis nach als Orte des Lebenslangen Lernens betrachten. Es gilt, Bibliotheken als Informationszentren zu positionieren und in dieser Funktion Ressourcen-Center für digitale Medien und kompetente Dienstleister zu sein, die unparteiische und professionelle Beratung in allen Fragen zu digitalen Informationsressourcen bieten.
OER können als ein Katalysator für den institutionellen digita- len Wandel in Bibliotheken wirken, da mit OER
ein Wandel zu mehr digitalen Materialien vollzogen werden kann,
vernetztes, kollaboratives und partizipatives Arbeiten eingeübt wird,
die Kompetenzen im Hinblick auf den Umgang mit digitalen Materialien gestärkt werden,
Literacy-Kompetenzen gestärkt werden, indem Nutzer sich in Review-Prozessen mit OER auseinandersetzen.
Bibliotheken können ihre vorhandenen Kompetenzen in verschiedene Kontexte mit OER einbringen, insbesondere in den Bereichen Produktion und Distribution von OER sowie Schulungen und Trainings zu Themen rund um freie Bildungsmaterialien. Im Rahmen der Aufgaben von Bibliotheken in Bezug auf die Vermittlung von Medien- und Informationskompetenz fallen darunter auch die Vermittlung informationstechnischer Kompetenzen, einschließlich des sicheren Umgangs mit mobilen Geräten, der Einsatz sozialer Medien und das Publizieren, auch kollaborativ in Gruppen.
Was Bibliotheken tun können, um sich bei OER zu engagieren, umfasst mindestens:
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Bereitstellen von OER:
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Kuratieren (solange OER und OA noch nicht in den Workflow des Bestandsaufbaus integriert sind, werden das Auffinden und der Zugang zu Materialien im Bestand einer Bibliothek separat und nicht parallel zueinander verlaufen),
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Zugänglichmachen von OER (im eigenen Bestand und extern gesammelte OER zugänglich machen),
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Beschreiben und Klassifizieren von Inhalten (Metadatenstandards, Vokabularien, Indexierung, Klassifikation, Information Retrieval, Information Literacy, Management von Repositorien),
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Management und Archivierung von Inhalten.
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Herstellen/Produzieren von OER:
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Beratung,
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technische Unterstützung,
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Schulung und Trainings zu OER:
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zum Umgang mit OER,
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zu Lizenzen und urheberrechtlichen Fragen,
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bezüglich der Recherche nach OER,
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im Hinblick auf technische Fertigkeiten,
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Verbreitung von OER (OER-Marketing):
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Bewusstsein für OER bilden und für offene Materialien sensibilisieren (nur wer OER kennt, kann OER suchen, finden und selbst herstellen),
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Kooperationen mit Akteuren und mit Bildungsanbietern im Umfeld der Bibliothek
Wenn auch vielleicht selbst keine OER produziert werden, so dienen Bibliotheken doch als Anlaufstelle bzw. als Orte der Information und der Erstellung freier Bildungsmaterialien. Hier findet ein Wissenstransfer und Austausch von Know-how statt und qualifiziertes Personal berät zu Sicherheit im Umgang mit freien Lizenzen.
Konkret bedeutet dies für Bibliotheken, OER als vollwertiges Medium und Teil des Bestandes anzuerkennen und zu integrieren, eine Strategie für die eigene Einrichtung im Umgang mit offenen Ressourcen zu entwickeln sowie Menschen bei der Erstellung und Nachnutzung freier Bildungsmedien gezielt zu beraten und nach Maßgabe der vorhandenen Möglichkeiten zu unterstützen.
Bibliotheken haben – selbst wenn nur begrenzte Mittel und Kapazitäten zur Verfügung stehen – die Möglichkeit, einen Einstieg in das Thema freie Bildungsmedien zu finden und sich als Zentrum für Fragen zu OER am Ort zu etablieren. Sie können mit entsprechenden Angeboten auf die sehr dynamische Entwicklung auf dem Gebiet reagieren und Ansprechpartner für Belange rund um Nutzung, Bearbeitung und Verwaltung offener Bildungsressourcen sein. Das Engagement für OER rückt die Bibliothek als Ort der digitalen (Weiter-)Bildung neu ins Blickfeld von Politik, eigene Bildungspartnern und Öffentlichkeit. Nicht zuletzt bietet sich für Bibliotheken mit der Veröffentlichung eigener Materialien als OER auch die Möglichkeit, die eigene Expertise sichtbar zu machen.
Management von OER
Ladina Tschander: Management von OER (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2015, Abschn. 8.3.3.1.2)
Die Besonderheit beim Management von OER im Vergleich zu traditionellen Formaten liegt darin, dass es sich bei freien Materialien um dynamische, veränderbare Formate handelt. Mit dem Aufkommen der Open-Access-Bewegung wurde bereits ein Paradigmenwechsel eingeleitet. Die Digitalisierung von Beständen und ihre Bereitstellung zur Nutzung – häufig unter einer Creative Commons-Lizenz – entwickelte Bibliotheken von reinen Bereitstellern zu Produzenten von Information. Auch der Vertrieb und das Marketing der Dienstleistungen rund um offene Materialien kamen damit als Aufgabe für Bibliotheken hinzu. Der Pool geteilter Wissensressourcen wächst kontinuierlich und ist ohne ein professionelles Wissensmanagement kaum nutzbar. Wissenschaftliche Bibliotheken, die sich in diesem Sinn für die Hochschule als OER-Wissensmanager und Öffentliche Bibliotheken, die sich im Sinne der Lernenden und Lehrenden in ihrer Community als OER-Fachexperten positionieren, könnten eine herausragende Funktion übernehmen.
Es gibt eine Reihe erforderlicher Kompetenzen für den Umgang mit OER in der Bibliothek, die zum großen Teil auch bereits im Umgang mit traditionellen Medienformaten unerlässlich sind:
administrative Fähigkeiten,
Führungs- und Planungsfähigkeit,
Integration der Informationskompetenz Fähigkeiten zur Integration der Informationskompetenz,
kommunikative Fähigkeiten,
fachwissenschaftliche Expertise und berufsfachliche Kompetenzen: Entwicklung und Nutzung von Such- und Discovery-Systemen,
(Forschungs-)Datenhaltung,
Entwicklung und Administration institutioneller Repositorien,
Gewährleistung von Langzeitverfügbarkeit,
Kenntnisse des Urheberrechts,
Kenntnisse zu Metadaten und Indexierung.
Wird in Bibliotheken über freie Bildungsmedien reflektiert, werden OER eher objekt- bzw. dokumentenorientiert gesehen. Allerdings bedeutet der Umgang mit OER sehr viel mehr einen sozialen denn einen technischen Prozess. Eine Kultur des Teilens zu leben heißt, zunächst die Bereitschaft zu entwickeln, sich auf kollaborative und partizipative Prozesse einzulassen.
Eine Kultur des Teilens, verstanden als die umfassende professionelle und gesellschaftliche Gewohnheit des Teilens und daraus resultierende Tätigkeiten, ist in vielen Bibliotheken gelebte Praxis. Förderliche institutionelle Rahmenbedingung zu schaffen für Kooperation, Teilen und das gemeinsame Verbessern von Materialien, unterstützt den kulturellen Wandel. Bibliotheksleitungen sind daher aufgerufen, sich für Fort- und Weiterbildung stark zu machen, die Beschäftigte in Bibliotheken dazu befähigt, mit freien Materialien kompetent umzugehen.
Die Strategie einer Bibliothek im Kontext von OER kann darauf ausgerichtet sein, den Fokus auf die Sensibilisierung für den Umgang mit freien Wissensressourcen zu richten und deren Verbreitung zu unterstützen. Die gemeinsame Produktion von Materialien (z. B. Konzepte für Veranstaltungen oder Führungen), die schließlich unter freier Lizenz der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden, ist ein guter Anfang. Flankierend kann die kollaborative Erarbeitung eines entsprechenden Leitbildes und die Verabschiedung einer Open-Policy den Kulturwandel unterstützen.
Der Bibliotheksleitung fällt die Aufgabe zu, den Rahmen für die Öffnung der Bibliothek in Richtung offener Daten und freier Materialien zu schaffen. Die einzelnen Bibliotheks- und Informationsfachkräfte sind hauptverantwortlich dafür, sich fortlaufend weiterzubilden und ihre Kompetenzen und Fähigkeiten zu erweitern.
Darüber hinaus muss Wissen über OER und der Umgang mit freien Daten und Materialien bereits in den bibliotheksfachlichen Ausbildungs- und Studiengängen vermittelt werden.
Fazit
Ladina Tschander: Fazit (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2015, Abschn. 8.3.3.1.3)
Bibliotheken können einen spezifischen Beitrag zur Einführung von OER leisten, indem sie für die Verbreitung von Wissen um OER sorgen und freie Materialien gegebenenfalls hosten und erschließen. Speicherung und Erschließung sind genuine Dienstleistungen von Bibliotheken, hier käme noch die Verbreitung des Wissens um OER in Communities (beispielsweise durch Multiplikatoren) und die Stimulierung der Praxis von OER hinzu. Eine Kultur des Teilens braucht eine Infrastruktur und ein Wissensmanagement. Bibliotheken sind ein wichtiger Baustein dafür.
Open Access
Ladina Tschander: Open Access (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Konrad Umlauf • Prof. Cornelia Vonhof, Hamburg: Dashöfer 2015, Abschn. 8.3.3.2)
Seit rund 20 Jahren engagieren sich Hochschulbibliotheken im Bereich Open Access und haben essentiell zur Verbreitung der Open-Access-Pulikationen beigetragen. Politisch getragen wird die Bewegung durch Open-Access-Strategien in Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Mit dem Plan S setzt sich Europa das Ziel, dass ab dem Jahr 2021 staatlich finanzierte Forschungsergebnisse in für die Öffentlichkeit frei zugänglichen Zeitschriften oder Open-Access-Repositorien publiziert werden müssen. Damit soll erreicht werden, dass wissenschaftliche Forschungsergebnisse sofort zugänglich sind. Open Access soll zum Standard des wissenschaftlichen Publizierens werden.
Die Transformation im Publikationswesen ist vorangeschritten. Dennoch ist das Ziel noch nicht erreicht: Gemäß dem Open-Access-Monitor sind in den letzten fünf Jahren 55 % aller wissenschaftlichen Zeitschriftenartikel im Open Access erschienen (siehe https://open-access-monitor.de/#/home). Dies zeigt, dass noch eine gewisse Überzeugungsarbeit geleistet werden muss, um die ambitionierten politischen Ziele zu erreichen.
Der Startpunkt von schnell und frei zugänglichen wissenschaftlichen Ergebnissen liegt in den Preprint-Servern der Physik in den 1980er Jahren. Bereits Ende der 1990er Jahre entwickelten Hochschulbibliotheken Repositorien, in welchen Publikationen der eigenen Institution in elektronischer Form gesammelt, erschlossen und frei zugänglich gemacht wurden. Mittlerweilen ist die Zahl offener Repositorien weltweit stark angestiegen: Im Directory of Open Access Repositories (OpenDOAR) waren im August 2020 5.395 Repositorien verzeichnet.
Abb. 1: Swiss Academies of Arts and Sciences, Pfister Roger, Lauer Gerhard, Agosti Donat, Appenzeller Claudia, Girardclos Stéphanie, Hürlimann Daniel, u. a. „Open Science in Switzerland: Opportunities and Challenges“. Zenodo, 29. Juli 2019. https://doi.org/10.5281/zenodo.3248929. S.3Eng mit den institutionellen Repositorien verbunden sind der grüne und hybride Weg des Open Access. Publikationen können in Subskriptionszeitschriften meist nach einer Embargo-First frei ins Repositorium gestellt werden (grün) oder es wird eine Gebühr für die Freistellung bezahlt (hybrid).
Der goldene Weg ist die Veröffentlichung in Open-Access-Zeitschriften. Hier fallen keine Subskriptionskosten an, dafür müssen Kosten für das Publizieren (article processing charges) übernommen werden – sei es durch die Autoren, wissenschaftliche Institutionen oder Bibliotheksfonds.
Der Platin-Weg wird beschritten, wenn weder für das Lesen noch für das Publizieren Gebühren anfallen. Dies geschieht meistens dadurch, dass die wissenschaftlichen Einrichtungen selbst alternative Publikationsplattformen zur Verfügung stellen.
Hier soll nun nicht die Open-Access-Bewegung aufgearbeitet werden, sondern darauf eingegangen werden, welche Handlungsfelder bzw. Herausforderungen im Bereich Open Access für Hochschulbibliotheken nach wie vor vorhanden sind.
Auch wenn die Publikationen im Open Access stetig zunehmen, besteht bei einigen Publikationsformen und einzelnen Fachdisziplinen ein Nachholbedarf. So lag der Fokus bis vor kurzem im Bereich der wissenschaftlichen Zeitschriften. Neuerdings rücken Bücher in den Fokus. Die Verlage bieten hier ganz unterschiedliche Geschäftsmodelle an, wobei die Ansätze noch eher experimenteller Natur sind. Die Website open-access.net gibt zwei Verzeichnisse (https://www.oapen.org/home und http://www.doabooks.org/) an, mit welchen der Zugang zu Open-Access-Büchern erleichtert wird.
Aber nicht nur Verlage beschäftigen sich mit Möglichkeiten, Bücher als Open-Access-Publikationen zur Verfügung zu stellen. An der Universität Heidelberg und der Freien Universität Berlin sind Geschäftsmodelle und Veröffentlichungsweisen entwickelt worden, die erlauben, Open-Access-Bücher zu produzieren.
Auch wenn Wissenschaftliche Bibliotheken Repositorien pflegen, Universitätsverlage anbieten und nach alternativen Publikationsformen suchen, sind nicht alle Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen von Open Access überzeugt. So bedarf es hier einer guten Kommunikation der Vorteile von Open Access (siehe https://open-access.net/informationen-zu-open-access/gruende-und-vorbehalte) – ein weiteres Handlungsfeld für Bibliotheken. U.a. sind Argumente für Open Access:
freier Zugang zu öffentlich finanzierten Forschungsergebnissen,
schneller und kostenloser Zugriff zu wissenschaftlicher Information,
erhöhte Sichtbarkeit und Zitierhäufigkeit von Dokumenten auch wegen der guten Auffindbarkeit über Suchmaschinen und Nachweisdienste,
Förderung der internationalen und interdisziplinären Zusammenarbeit und der Forschungseffizienz durch rasche, globale Verfügbarkeit von Forschungsergebnissen.
Als Hauptargumente gegen das Open-Access-Publizieren wird das fehlende wissenschaftliche Renommee von Open-Access-Zeitschriften ins Feld geführt, u. a. auch weil ihnen eine mangelnde Qualitätssicherung nachgesagt wird. Aber jede gute Open-Access-Zeitschrift führt ein Peer-Review-Verfahren durch. Korrekt ist der Vorwurf bei predatory journals, die für Veröffentlichungen die üblichen Zahlungen verlangen, ohne die wissenschaftliche Qualitätskontrolle durchzuführen. Hier können Bibliotheken aufklären. Zum Schutz der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen vor Veröffentlichungen ohne hinreichende Qualitätssicherung, führt das Directory of Open Access Journals (DOAJ) Listen mit vertrauenswürdigen Open-Access-Zeitschriften.
Der Vorwurf, dass Open-Access-Zeitschrift ein mangelndes Renommee innehaben, verblasst zudem immer mehr. Renommee entwickelt sich mit der Zeit, womit sich dasjenige von Open-Access-Zeitschriften über die Jahre hinweg steigern kann. Auf alle Fälle gibt es keinen prinzipiellen Zusammenhang zwischen Renommee und Geschäftsmodell.
Der Gold Open Access hat gegenüber dem hybriden und dem grünen Weg entscheidende Vorteile. Das double dipping beim Hybrid Open Access – das Bezahlen von Subskriptions- und OA-Gebühren – findet hier nicht statt und die Embargo-Frist wie beim grünen Weg entfällt. Dennoch bleibt die Kritik, dass teils sehr hohen Publikationsgebühren zu entrichten sind. Um die Publikation in Gold-Open-Access-Zeitschriften attraktiver zu machen, unterhalten einige Wissenschaftliche Bibliotheken Publikationsfonds.
Problematisch ist die Forderung nach Gold-Open-Access-Publikationen für Fächer, in welchen es an solchen Journals mangelt. Hier treten Bibliotheken mit den Verlagen in Verhandlung, um u. a. Read-and-Publish-Gebühren zu vereinbaren, die ermöglichen, dass in Subskriptionszeitschriften die Institutionen einen Lesezugriff haben und die Forschenden sofort Open Access publizieren können.
Bibliotheken waren seit Beginn starke Promotoren für Open Access. Aber ihre anfängliche Hoffnung, dass die Kosten für die Modelle von Open-Access-Publikationen im Vergleich zu den Paketgebühren geringer ausfallen, hat sich nicht bewahrheitet. Hier scheint der Platin-Weg – das Angebot von eigenen Publikationsplattformen – die Alternative zu sein.
Ausgelöst durch zwei politische Empfehlungen anfang der 2000er Jahre wurde den Hochschulbibliotheken eine aktive Rolle bei der Schaffung solcher alternativen Publikationsmöglichkeiten zugewiesen. Die Hochschulrektorenkonferenz und der Wissenschaftsrat haben damals angesichts der massiven Verlagsmacht auf dem Wissenschaftsmarkt empfohlen, dass Hochschulen eigene Publikationswege aufbauen sollen. Seitdem sind immer mehr Universitätsverlage entstanden. So finden sich heute im deutschsprachigen Raum 37 Universitätsverlage oder forschungseigene Publikationsservices – 31 davon in Deutschland. Oft stehen diese in engster Verbindung mit den Bibliotheken.
Wissenschaftliche Bibliotheken haben in vielen Bereichen Maßnahmen entwickelt, um den Vorbehalten gegenüber Open Access entgegentreten zu können.
Vorbehalte gegenüber OA |
Massnahme durch die Bibliothek |
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Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Hochschulbibliotheken Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen beim Publizieren unterstützen, indem sie
beraten zu den unterschiedlichen Open-Access-Konditionen und in rechtlichen Fragen,
Repositorien für Zweitveröffentlichungen betreiben,
Publikationsplattformen für Zeitschriften und Bücher betreiben,
Publikationsfonds betreiben und neue Open-Access-Finanzierunsmodelle konzipieren (wie Weiterentwicklung von Erwerbungsbudgets oder Beteiligung an Open-Access-Konsortien).
Weitere Aufgabe ist das Monitoring der Open-Access-Publikationen der Institution und das Weiterentwickeln von Open-Access-Modellen für Disziplinen, die bislang noch wenig Open Access publizieren, sowie für andere Publikationstypen als Zeitschriften.
Open Data
Ladina Tschander: Open Data (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Hans-Christoph Hobohm • Prof. Dr. Konrad Umlauf, Hamburg: Dashöfer 2015, Abschn. 8.3.3.3)
Mit Open Data wird eine zentrale Forderung von Open Science – den Forgschungsprozess transparenter zu machen – erfüllt. Daten können schneller weiterverwendet werden, so dass Ergebnisse aus der Forschung der Wirtschaft und der Gesellschaft früher zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund unterstützt die Europäische Kommission mit der Generaldirektion Forschung und Innovation (RTD) Open Science sehr. Die Wissenschaftspolitik der EU fordert, dass Daten so offen wie möglich und so geschlossen wie nötig zu gestalten sind, damit sich die Wissenschaft zu Gesellschaft und auch zur Wirtschaft öffnen kann.
Damit Forschungsdaten tatsächlich zu „Open Data“ werden, müssen diese in Formate gebracht werden, die eine Langzeitarchivierung ermöglichen. Oft sind sie mit einer Lizenz versehen, die jedem erlaubt, sie zu nutzen und zu teilen. Forschung kann schneller vorangetrieben werden, sind Rohdaten schnell auffindbar und in einem Format abgespeichert, welches eine Wiederverwendung zulässt.
Abb. 2: FAIR-PrinzipienEine Herausforderung ist, dass Forschungsdaten äußerst heterogen sind. Jedes Wissenschaftsgebiet produziert seine ganz eigenen Daten. So ist es schwierig, Standards oder allgemein gültige Regelwerke aufzustellen. Dennoch müssen die Daten gespeichert bzw. archiviert und so bereitgestellt werden, dass sie wieder aufgefunden werden können.
Forschungsprojekten gemeinsam ist, dass sie einen Lebenszyklus aufweisen, in welchem nach der Planung Daten erhoben oder ausgewählt werden, diese vor- oder aufbereitet werden, um sie anschließend zu analysieren. Es benötigt eine Infrastruktur, um die Daten zu speichern und offen zugänglich zu machen. Hierfür müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen abgeklärt werden, die Daten mit Metadaten versehen und persistente Identifikatoren vergeben werden. Um alle Schritte zu erfüllen, ist es sinnvoll (und von Forschungsförderern verlangt) einen Datenmanagementplan für jedes Projekt zu erstellen.
Abb. 3: Aufgaben im Lebenszyklus von Forschungsdaten und übergreifende Aufgaben im Forschungsdatenmanagement nach: Ludwig, Jens, und Harry Enke (2013). Leitfaden zum Forschungsdaten-Management. http://www.univerlag.uni-goettingen.de/handle/3/isbn-978-3-86488-032-2. S. 15–17Im Foschungsdaten-Lebenszyklus und im Forschungsdatenmanagement fallen verschiedene Aufgaben an. Ludwig und Enke führen auf, dass die Datenerzeugung so geplant sein sollte, dass ein nachfolgendes Datenmanagement vereinfacht ist. Bspw. sollten die geeigneten Standards gewählt werden. Als Vorbereitung zur langfristigen Aufbewahrung der Daten muss entschieden werden, welche Daten wie lange gespeichert werden sollen. Die Selektionskriterien sollten im Vorfeld geklärt sein. Um Forschungsdaten längerfristig aufbewahren zu können, müssen diese meist in eine geeigente Umgebung überführt werden: Die Daten müssen bearbeitet, aufbereitet oder angereichert werden. Es muss sichergestellt sein, dass über die Zeit der Speicherung keine Daten verloren gehen. Bei der Archivierung liegen die Daten in einer fremden Umgebung. Es sollte zu Beginn geklärt werden, welche Nutzung die fremde Umgebung zulassen sollte. Es muss geklärt werden, wer autorisiert ist, die Daten nachzunutzen und wie auf diese zugegriffen werden kann sowie ob es zusätzliche Tools benötigt.
Übergreifend muss eine Organisation die Verantwortung übernehmen bzw. sicherstellen, dass die Daten auch langfristig verfügbar sind. Der Schutz von personenbezogenen Daten, Urheberrechte, Lizenzierung von Forschungsdaten sowie Vertraulichkeit sind rechtliche Aspekte, die unbedingt bedacht werden sollten. Kosten enstehen beim Erheben von Daten. Kostenintensiver ist aber das Speichern und langfristige Pflegen der Daten. Unabdingbar ist, dass die Forschungsdaten in jeder Phase des Lebenszyklus mit Metadaten versehen sind, die strukturierte Informationen über die vorliegenden Daten geben. Auch sollten die Daten mit Identifikatoren versehen sein (wie persistent identifier).
Das Forschungsdatenmanagement wird aktuell breit diskutiert. Insbesondere Bibliotheken überlegen, welche Rolle sie hier einnehmen bzw. wie sie ihre Dienstleistung verbessern können. Blümel et al. sehen das Hauptarbeitsgebiet im Bereich der Nachnutzbarkeit und Maschinen- und Menschenlesbarkeit von Forschungsdaten. Im Blickfeld haben sie die Metadatenstandards für Forschungsdaten und Zitationsprinzipien für Software. Gerade das Management von Forschungssoftware ist in Bibliotheken noch zu wenig etabliert. Bibliotheken sehen sich vor der Aufgabe, immer mehr nicht-textuelle Materialien erfassen zu müssen.
Bibliotheken müssen zum einen die benötigte Infrastruktur (wie Forschungsdatenrepositorien) zur Verfügung stellen. Zum anderen sind sie das Bindeglied zwischen den Datenproduzierenden und Nachnutzenden. So ergeben sich verschiedene Betätigungsfelder für Bibliotheken:
Pflege der Daten und Definition oder Anpassung der zugrundeligenden Datenstandars und Ontologien.
In Kooperation mit anderen Bibliotheken eine Infrastruktur für und einen Korpus von frei zugänglichen Forschungsinformationen mit einer hohen Aktualität und Qualität schaffen.
Erstellen von freien und vollständigen Bibliografien inklusive Informationen über den Open-Access-Status.
Anwenden der bibliothekarischen Erfahrung im Erstellen von kollaborativen Katalogen, um eine offene Datenbasis für Forschungsinformationen und wissenschaftsevaluierende (alternative) Metriken zu schaffen.
Etablieren eines Beratungsservices für das Erstellen von Datenmanagementplänen, die Selektion geeigneter Repositories oder die Organisation von Datenablagen.
Archivieren von Software und Schaffen von technischen Diensten.
Data librarians
Ladina Tschander: Data librarians (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Dr. Hans-Christoph Hobohm • Prof. Dr. Konrad Umlauf, Hamburg: Dashöfer 2015, Abschn. 8.3.3.4)
Mit Open Science sind die Bibliotheken gefordert, sich zu wandeln und zu positionieren. Gemäß Blümel et al. sollten Bibliotheken als Experten für die Kuration und Bereistellung von Information auftreten und sich von reinen Dienstleistern zu Akteuren im Forschungsprozess entwickeln. Dies bedeutet eine Erweiterung des bestehenden Berufsbildes im Bereich des Datenmanagements.
Der Ruf nach „Data librarian“ wird immer lauter. Immer mehr Institutionen suchen im Bibliotheksumfeld nach Personen mit IT-Kenntnissen. Als Top Ten der in Stellenausschreibungen geforderten IT-Kompetenzen ermittelt Zellmann:
Metadaten, Bibliohtekssystem/-software, Programmierung und Softwreentwicklung bzw. -administration, Allgemeine IT-Kenntnisse, Datenbanken, Webtechnologien und -systeme, Hardware und Client-Betriebssyteme, Informations- und Datenanalyse, Informationsvisualisierung, Forschungsdatenmanagement und Semantic Web.
Zellman vergleicht die Stellenausschreibungen mit den Studiengang-Angeboten der Ausbildungsstätten und kommt zum Schluss, dass in den meisten Bachelorstudiengängen die Inhalte zu diesen IT-Themen vermittelt werden. Als auf spezifisch auf IT ausgerichtete Studiengänge hebt er Leipzig (Bachelor-Studiengang Medien- bzw. Bibliotheksinformatik), Bayern (Informationsmanagement an der Hochschule für den öffentlichen Dienst) sowie Wildau (Masterstudiengang Bibliotheksinformatik) hervor.
Data librarians wenden bibliothekarische Prinzipien und Praktiken auf Daten an. So wählen sie relevante Metadatenschemata aus und klassifzieren die Daten. Sie arbeiten mit den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, mit Mitarbeitenden aus dem Rechenzentrum und oftmals auch mit Juristen zusammen. Somit benötigen sie eine hohe Kommunikationsfähigkeit und Schnittstellen-Kompetenz.
Dennoch sollten sich Data Librarians Kenntnisse vom Urheberrecht oder im Bereich von Lizenzen für die Beratung aneignen. Zudem brauchen Data Librarians solide IT-Kenntnisse, um u. a. Konkordanzen erstellen oder teils auch Daten-Mappings durchführen zu können.
In ihrem Aufsatz zur Veränderung des Berufsbilds fasst Hapke weitere Fähigkeiten von Data Librarians zusammen. Diese sollten…
offen gegenüber „neuen“ Aufgabenfeldern sein,
Interesse an Weiterbildungsmaßnahmen mitbringen,
EDV-affin sein,
Veränderungen annehmen können,
nicht das Rechenzentrum ersetzen müssen (denn sie sind keine Informatiker).
Im Zusammenhang mit der Entwicklung der European Open Science Cloud (EOSC) wurde ein Mangel an Expertinnen und Experten im Bereich des Datenmanagements identifiziert. Auch der Rat für Informationsinfrastruktur (RfII) sieht einen akuten Bedarf in der Personalentwicklung: Es gelte, schnellstmöglich kompetente Forschergenerationen und spezialisierte Fachkräfte für neue Berufsbilder im Bereich des Datenmanagements auszubilden.
Bis vor kurzem war ein Studienangebot für das Berufsfeld des Datenmanagements noch ein Desiderat. Ab Sommersemester 2020 bieten das Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin (IBI) und der Fachbereich Informationswissenschaften der Fachhochschule Potsdam (FB Informationswissenschaften) einen weiterbildenden Masterstudiengang Digitales Datenmanagement (DDM) für 25 bis 30 Studierende an. Grundlage für die Ausgestaltung des Studiengangs waren die Projekte EDISON Data Science Competences Framework und EOSCpilot, in welchen Anforderungen an Data-Science-Kompetenzen angegeben werden, u. a. mit dem Ziel, ein Berufsbild für Data Science Professionals zu definieren. Das EDISON Framework definiert folgende Kompetenzen und Fähigkeiten, die für das Datenmanagement benötigt werden (zitiert nach Petras et al. 2019:27):
Entwicklung und Implementierung von Datenmanagementstrategien für die Datensammlung, – speicherung, -archivierung und Zugänglichkeit für die weitere Verarbeitung,
Entwicklung und Implementierung von Datenstrategien, insbesondere in Form von Datenmanagementpolicies und Datenmanagementplänen (DMP),
Entwicklung und Implementierung von relevanten Datenmodellen, Definition von Metadaten mithilfe von Standards und etablierten Praktiken für verschiedene Datenquellen in verschiedenen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Domänen,
Integration von heterogenen Daten von verschiedenen Quellen und Bereitstellung für weitere Analysen und Nutzung,
Pflege von historischen Informationen zur Datenverarbeitung einschließlich von Referenezen zu publizierten Daten und entsprechenden Datenquellen (Datenprovenienz),
Sicherstellung von Datenqualität, Zugänglichkeit, Interoperabilität, Standardkonformität und Publikation (Datenkuratierung),
Entwicklung und Management/Kontrolle von Richtlinien für Datensicherheit, Datenschutz, Urheberrecht und ethischen Grundsätzen im Datenmanagement.
Auch in Köln startete 2020 ein weiterbildender Zertifikatskurs Data librarian (https://www.th-koeln.de/weiterbildung/zertifikatskurs-data-librarian_63393.php). Unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Konrad Förstner können sich Bibliothekare und Bibliothekarinnen in sechs Modulen einen Überblick in den Bereichen Programmierung, Forschungsdaten, Datenbanksysteme, Lizenzen, Big Data, Bibliometrie, Suchmaschinentechnologie und Künstlicher Intelligenz verschaffen. Der Kurs umfasst acht Tage Lehre und ist so organisiert, dass er berufsbegleitend belegt werden kann.
Dass Bibliotheken in Open Science eine wichtige Rolle spielen, ist nicht selbstverständlich; sie müssen sich positionieren. Einige sind in diesem Prozess bereits vorangeschritten und haben sich gut etabliert, wie
TIB Hannover, ZBW, SUB Göttingen, SLUB Dresden, UB Bielefeld, UB Konstanz, UB Heidelberg, UB der Humboldt-Universität Berlin, Bibliothek der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Bibliothek de Ibero-Amerikanisches Instituts – Preußischer Kulturbesitz.
Ein Erfolgsrezept, wie eine Bibliothek sich in ihrer Institution positionieren kann, gibt es nicht. Jede Bibliothek muss sich ihre Umgebung anschauen und einen Weg finden. Hilfreich in allen Fällen ist, wenn die Bibliothek in ihrer Institution gut vernetzt ist und eine koordinierende Rolle einnehmen kann.